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Inanspruchnahme des die Störung verursachenden Grundstücks
nicht angängig ist. Dem ist beizupflichten, und zwar aus den
gleichen Gründen, die wir bei Erörterung des vorhergehenden
Falles angeführt haben, nämlich im Hinblick auf die Normen
des Nachbarrechts. Nach diesen sind im allgemeinen nur die
Beeinträchtigungen eines Nachbargrundstückes verboten, die sich
auf ein Verhalten zurückführen lassen. Aber die in der natür-
lichen Beschaffenheit beruhenden Einwirkungen hat der benach-
barte Eigentümer nicht zu vertreten. Wenn es sich um eine
„Gefahr“ handelt, die von einem Grundstück ausgeht, und das
wird bei der natürlichen Beschaffenheit wohl die Regel sein, dann
hat der bedrohte Eigentümer ein Recht, dass der Verantwort-
liche eine Vorkehrung trifft. Dies Recht besteht aber nur gegen-
über einer von einem „Gebäude“ oder einem andern „Werke“
ausgehenden Gefahr, nicht aber, wenn die letztere in der natür-
lichen Beschaffenheit liegt. In diesem Falle hat der bedrohte
Eigentümer selbst für die Abwendung der Gefahr zu sorgen, und
zwar gemäss 8 904 BGB.
Der eben entwickelten Ansicht ist auch der Württembergi-
sche Verwaltungsgerichtshof in einem Urteile vom 29. Januar
1902 25, in dem er sich über die Tragweite des vom preussischen
Oberverwaltungsgericht entwickelten Grundsatzes ausspricht, dass
dem Eigentümer die Verpflichtung zur Erhaltung seines Grund-
stückes in einem den polizeilichen Anforderungen entsprechen-
den Zustande obliegt. Es handelt sich um den Fall, wo infolge
Schaffens der Naturkräfte von dem steilen Felsabhange eines
Privatgrundstückes Felsblöcke sich loszulösen drohen und dadurch
die Sicherheit der Bewohner eines darunter liegenden Hauses
gefährden. In der Begründung heisst es: „Für die rechtlichen
Beziehungen zwischen dem... Eigentümer des gefährdeten Grund-
stücks und ... . dem Eigentümer des Gefahr drohenden Grund-
stücks kommen in erster Linie die den Inhalt des Eigentums und
5° Jahrb. d. Württbg. Verwaltungsrechtspflege Bd. 14 S, 114 ff.