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Also auch hier nicht nur die Erwartung, dass fremde Staa-
ten bei gewährten Auslieferungen das Versprechen der Rezipro-
zität verlangen würden, sondern zugleich die Anweisung an die
eigenen Gerichte, sich diese zusichern zu lassen. Für die
Handhabung dieser Vorschriften in der Praxis kann man das
Reskript des preussischen Ministers der auswärtigen Angelegen-
heiten und des Justizministers vom 16. Oktober 1826 an den
Generalprokurator in Cöln als charakteristisch ansehen ®. Es
handelte sich um die Auslieferung eines Franzosen an Frank-
reich, und der Generalprokurator hatte sich wegen der etwa zu
fordernden Reversalien de observando reciproco an das Mini-
sterium gewandt. Darauf wurde ihm folgender Bescheid: „Die
diesseitige Gesetzgebung will, dass bei der Frage wegen Aus-
lieferung fremder Verbrecher zunächst die etwa mit der requi-
rierenden Regierung bestehenden Staatsverträge in Betracht
gezogen werden. Sind dergleichen nicht vorhanden, dann soll
die Auslieferung an sich, falls das auswärtige Departement solche
überhaupt für zulässig hält, der Regel nach, zwar nicht anders
als gegen Ausstellung von Reversalien seitens der requirierenden
Regierung, stattfinden. Erwägt man indessen, dass der Gesetz-
geber bei dieser letzteren Bestimmung, dem Wesen nach, nicht
wohl einen anderen Zweck haben konnte, als auf die Notwen-
digkeit aufmerksam zu machen, sich bei Genügeleistung frem-
der Requisitionen darin möglichst sicher zu stellen, dass man
die Unterrichter und bestimmen, dass die aktive Auslieferung beantragt
werden muss, wenn ein Ausländer im Auslande delinquiert hat und im In-
land festgenommen wird. Vergl. ausserdem $& 257 der Kriminalordnung:
»Wird die Arretierung eines Fremden von einer auswärtigen Behörde, deren
Untertan er nicht ist, nachgesucht, so kann sie nur alsdann erfolgen, wenn die
Handlung, weshalb derselbe zur Strafe gezogen werden soll, nach hiesigen
Gesetzen ein Verbrechen ist; jedoch müssen auch hierbei die Vorschriften
der $$ 251 bis 256 beobachtet werden. Uebrigens hat es in Absicht der
zugleich verlangten Auslieferung bei den Vorschriften des $ 96 sein Be-
wenden“.
8° LOTTNER Bd. 2 S. 70.