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erbieten allein nicht stehen geblieben, sondern die schon im
März 1823 französischerseits bewirkte Auslieferung des aus Uöln
entwichenen Gerichtsschreibers ist lediglich infolge jener all-
gemeinen Zusicherung geschehen. Aber auch von seiten der
diesseitigen Regierung sind seitdem verschiedentlich Verbrecher
der bezeichneten Gattung ausgeliefert worden, und auf diese
Weise hat sich, ohne Abschluss eines besonderen Staatsvertrages,
eine im ministeriellen Wege gegenseitig anerkannte Norm über die
Auslieferung einer gewissen Gattung von Verbrechern gebildet.
Sollte die französische Regierung Individuen reklamieren, die
ein nicht zu der oben bezeichneten Kategorie gehöriges Ver-
brechen in Frankreich verübt haben, so kann von deren Aus-
lieferung gar nicht die Rede sein, weil Frankreich nach seiner
Gesetzgebung im allgemeinen das Reciprocum nicht zu gewähren
imstande ist. Wird daher nach dem jetzigen Stande der Dinge
einem Auslieferungsantrage der französischen Regierung über-
haupt ein Genüge geleistet, so findet solches nur in Bezug auf
das für gewisse Gattungen von Verbrechen im ministeriellen
Wege geschehene gegenseitige Zugeständnis statt. In solchen
Fällen aber kann diesseits um so weniger auf Ausstellung von,
nach der französischen Gesetzgebung überhaupt nicht gebräuch-
lichen Reversalien bestanden werden, als die Gewähr für
die jenseitige Erwiderung im umgekehrten Falle schon in
dem beregten gegenseitigen ministeriellen Zugeständnisse selbst
liegt .. .“*
Dem entspricht die hessische Praxis. Durch die kurfürst-
liche Verordnung vom 1. September 1820 wurde bestimmt ®:
„Dass diesseitige Untertanen, welche ein Verbrechen oder
„Vergehen im Auslande verübt haben oder dessen angeschul-
®® KARL ALBERT VON KamPprz, Bruchstücke über das Recht eines
Staates, die gegen ihn im Auslande von einem Ausländer begangenen Ver-
brechen zu bestrafen (1824) in seinen Jahrbüchern für die Preussische Ge-
setzgebung, Rechtswissenschaft und Rechtsverwaltung Bd. 24 S. 83.