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prinzip lediglich inbezug auf die Rechte des Parlaments. Des
Fürsten Rechte beruhen nach wie vor auf monarchischem Prin-
zipe Also ist die Formel darüber hinaus eine unverbindliche
Lehrmeinung. Dem entspricht, dass neuere deutsche Verfassun-
gen trotz des Satzes: der Landesherr vereinigt in sich alle Rechte
der Staatsgewalt, ebenso wie die preuss. Art. 62, formulieren
„Die gesetzgebende Gewalt wird gemeinschaftlich durch den
Fürsten und durch die Landesvertretung ausgeübt“ (Reuss j. L.
8 63). Also Partnerschaft, nicht Gehilfenschaft. Auch formell
staatsrechtlich gilt nicht mehr unbeschränkt: sic volo sic jubeo,
suprema lex regis voluntas,
Die Bedeutung sowohl von Herrscher- wie von Volkssouve-
ränität ist in der Verfassungsmonarchie eingeschränkt. Sie be-
deuten hier nicht zugleich alleinige Staatsträgerschaft. Herrscher-
souveränität (monarchisches Prinzip) bedeutet nicht, dass alle
Organe, also auch das Volk, seine Zuständigkeiten vom Herrscher
habe, sondern es besagt lediglich: der Herrscher leitet seine Ge-
walt nicht vom Volke ab. Und der Gedanke der Volkssouverä-
nität gelangt zum Ausdruck nicht in dem Sinne, dass der Fürst
abhängig vom Volke sei, sondern nur in dem engeren, dass das
Volk seine Rechtstellung nicht vom Fürsten abzuleiten braucht.
Beide tragen die Staatsgewalt zusammen (Mitträgerschaft).
Selbst wenn aber das Parlament bei Einführung der V. nur
als Gehilfe des Fürsten bei Ausübung seiner Zuständigkeiten
anerkannt worden wäre, würde zu behaupten sein, dass während
der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sich jenes Verfassungs-
prinzip gewohnheitsrechtlich in den Rechtsgedanken umgestaltete,
auf wichtigen Gebieten sei das Volk dem Fürsten rechtlich
gleichwertig. Alle deutschen Staaten haben darein gewilligt, dass
im StGB. und in den R.Justizgesetzen die Parlamente als gesetz-
gebende Versammlungen, d. h. mit einem Ausdrucke bezeichnet
werden, der sie zum mindesten als Mitträger des wichtigsten
Hoheitsrechtes erscheinen lässt.