Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

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schen ganz wesentlich gefördert haben, dass die Lehre vom Staats- 
vertrag — mit ihren beiden Zweigen, dem Gesellschafts- und dem 
Herrschaftsvertrag —, die bis tief in die Neuzeit herein die 
Geister beherrschte 8®, schon das Problem zu lösen versucht hatte. 
Zumal „die von KANT vollzogene philosophische Revision sicherte 
der naturrechtlichen Lehre vom Staatsvertrage noch auf längere 
Zeit Leben und Fortbildung. Allein schon erstanden ihr in der 
geschichtlichen Rechtswissenschaft und in einer bei allem Zwie- 
spalt der Richtungen mehr und mehr wieder vom Ganzen und 
von der Gemeinschaft ausgehenden Rechtsphilosophie unüber- 
windliche Gegner, deren vereinten Angriffen sie endlich erlag. 
Aber noch heute geniessen wir die unverlierbaren Errungen- 
schaften, die sie inmitten von ihr verschuldeter Irrtümer und 
Gefahren den Gedanken der Freiheit und des Rechts erkämpft 
hat“ 8, 
Kant ist aber noch einen Schritt weiter gegangen als seine 
Vorgänger. Er hebt uns klar nicht nur das Motiv heraus, das 
die Menschen zum Zusammenschluss bewogen hat, sondern zeichnet 
auch die Folgerungen ganz richtig auf, die sich daraus ergeben 
haben. Nachdem er ausgeführt hat, dass die Not, die die Men- 
schen einander selber zufügen, sie veranlasste, in den Zustand 
des Zwanges zu treten, weil also ihre Neigungen es bewirken, 
dass sie in wilder Freiheit nicht lange neben einander bestehen 
können, fährt er fort: 
„In einem solchen Gehege, als bürgerliche Vereinigung ist, 
tun eben dieselben Neigungen hernach die beste Wirkung: so 
wie Bäume in einem Walde, eben dadurch, dass ein jeder dem 
andern Luft und Sonne zu benehmen sucht, einander nötigen, 
beides über sich zu suchen und dadurch einen schönen geraden 
Wuchs bekommen; statt dass die, welche in Freiheit und von 
  
88 Vgl. O. GIERKE, Johannes Althusius S. 77 ff, auch H. Reum, Staats- 
lehre S. 226 f., S. 213 £. 
8° OÖ. GIERKE, Johannes Althusius S. 122.
	        
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