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einander bloss korrespondierende Verpflichtungen zuteilt, sondern
die Verpflichtungen selbst sollen gleichartig und gleichwertig
sein, und in diesem Sinne kann ihre gegenseitige Abstimmung
am letzten Ende offenbar nur erreicht werden, wenn man sie
selbst vorerst bestimmt hat, und dazu bedarf es beiderseitig na-
tionaler Rechtsbegriffe in nationaler Sprache. Man muss es also
als ein Erfordernis der Reziprozität bezeichnen, dass die Ver-
träge in den jeweiligen Landessprachen redigiert werden, wie
man berechtigt ist, umgekehrt in der Art der Beurkundung, wie
sie die überwiegende Zahl der deutschen Reichsverträge auf-
weist, den erfolgten Niederschlag des Gegenseitigkeitsgedankens
zu sehen.
15. Wofern die beteiligten Staaten eine gemeinsame
Sprache haben, ist es sinngemäss, dass der Vertrag nur einfach
in dem gemeinschaftlichen Idiom abgeschlossen wird. So sind
die englisch-amerikanischen Konventionen bloss englisch, die
französisch-belgischen nur französisch, die deutsch-österreichischen
einfach deutsch redigiert. Und so sind auch die deutschen Aus-
lieferungsverträge mit der Schweiz und mit Luxemburg
lediglich deutsch ausgefertigt. Hier genügt der deutsche Text,
weil auch in der Schweiz und in Luxemburg die deutsche Sprache
wenigstens eine der amtlich und gesetzlich gebrauchten ist, und
deshalb das Idiom des Vertrages als ein gemeinschaftliches an-
gesehen werden konnte. Es war möglich, in ihm die beiderseits
heimischen Rechtsanschauungen sprachlich in eine gemeinsame
Form zu bringen. Deshalb konnte ein gemeinschaftliches Zu-
sammentreten zu einem einheitlichen Vertrage stattfinden, den
man in der gemeinsamen Sprache redigierte, und wo das Gemein-
same auch äusserlich in der Einheit der Ausfertigung zum Aus-
druck gebracht wurde. Dennoch liegt es sachlich nicht anders
wie bei den mehrsprachigen Redaktionen der übrigen Verträge.
Die Gründe, weshalb bei ihnen die Reziprozität auf den ver-
schiedenen Fassungen bestehen musste, fallen hier hinweg.