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unterscheiden gehabt : I. Gewollte Staatsakte: a) mit Willen zur Entgegen-
nahme von Erklärungen, b) mit Erklärungswillen (oder „Urteilswillen‘“), c)
mit Wirkungswillen. II. Nicht gewollte Staatsakte,
Der Mangel des vermeintlichen Gegensatzes zwischen Denken und
Wollen zeigt sich tatsächlich dort, wo das Objekt beider Funktionen dasselbe
ist, so im Verhältnis der „Handlungsurteile“ zu den „Befehlen“. Behörd-
liche Aussprüche wie: „A soll dem B 1000 leisten“, „A soll eine Geldstrafe
von 1000 zahlen“, oder: „A hat seinen Gewerbebetrieb einzustellen“, können
unter beide Kategorien subsumiert werden. Die Behauptung auf S. 51,
dass der Unterschied meist „nicht schwer zu finden sein wird“ ist unrich-
tig. Wenn daher z. B. S. 111 ff. ausgeführt wird, dolose Verstösse des han-
delnden Staatsorganes gegen die materielle Richtigkeit beeinträchtigen
zwar die Wirksamkeit vonHandlungsurteilen nicht, dagegen machen
sie den Ungehorsam gegenüber Befehlen zulässig, so nützt uns diese
Erkenntnis nichts, solange wir die Grenze zwischen den beiden Kategorien
nicht kennen. Es scheint, dass dem Verfasser der Gegensatz von rechts-
kraftfähigen und nicht rechtskraftfähigen Akten vorgeschwebt habe (vgl.
S. 51). Dieser ist aber doch mit dem von ihm zugrundegelegten psy-
chologischen Unterschied nicht identisch.
Die ganze Einteilung hängt übrigens insoferne etwas in der Luft, als
zwischen den hier geschaffenen Klassen und Unterklassen einerseits und
den Fehlern und deren Wirkungen andererseits keine durchgehende not-
wendige Beziehung besteht. Dagegen sind zwei Unterschiede von funda-
mentaler Wichtigkeit nicht genügend beleuchtet.
An erster Stelle wäre auf den Gegensatz von Akten des freien Er-
messens und solchen gesetzlicher Gebundenheit einzugehen gewesen. Der
Verfasser hat ihn allerdings nicht gänzlich ignoriert, indem er die Zweck-
mässigkeitsurteile von den rechtlichen Feststellungsurteilen und die frei
widerruflichen von den nicht frei widerruflichen Rechtsgeschäften scheidet.
Dass aber auch „Handlungsurteile“, „Befehle“, „Taten“ usw, ja alle
Willensäusserungen staatlicher Organe (im Gegensatz zu den unge-
wollten Staatsakten) von diesem Gegensatze beherrscht werden, erfährt keine
Berücksichtigung. Aber selbst wo die Differenzierung vorgenommen wurde,
wie bei den Feststellungsurteilen, findet sie in der weiteren Darstellung
nicht die ihr gebührende Verwertung.
Der Gegensatz zwischen Akten des freien Ermessens und solchen der
gesetzlichen Gebundenheit wird auf S. 50 ff. in einen unrichtigen Zusam-
menhang mit jenem zwischen „Urteil“ und „Handlung“ gebracht, indem
behauptet wird, dass nur Urteile berufen seien, dauernd zu gelten, während
Handlungen der Veränderung unterliegen. Der Satz: „Ein Urteil kann nur
entweder immer wahr oder immer falsch gewesen sein“, passt nur auf
Rechts-, nicht auf Zweckmässigkeitsurteile.. Denn nichts hindert die Be-
hörde, ihre Ansicht über die Opportunität zu ändern. Dagegen findet jener