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Wasserleitungim dringenden Interesse der öffentlichen Gesundheitspflege gründ-
lich erneut werden müsse, selbst auf die Gefahr hin, dass eine Anleihe
und dadurch bedingte Steuererhöbung sowie eine zeitweilige Stilllegung des
Bades erforderlich sein sollte. Angesichts einer solchen Obrigkeit, welche
zwar die finanziellen Privatinteressen der Gemeinde vertritt, indessen
den ihr anvertrauten Schutz der öffentlichen Sicherheit und Gesundheit
geflissentlich ausser Augen lässt, ist es in der Tat verständlich und gerecht-
fertigt, wenn der Dichter, diesmal durch den Mund des allerdings später
zur Gegenpartei überlaufenden Redakteurs Hovstad und des Buchdruckers
Aslaksen, an mehreren Stellen des Dramas die „Unfehlbarkeit der Regie-
renden“ als eine Fabel hinstellt, die Ausrottung der „Autoritätsanbetung‘“
fordert und gelegentlich auch der „Schwerfälligkeit“, mit welcher die Be-
hörden arbeiten, wenig wohlwollend gedenkt. Diese Gedanken sind durch-
aus universeller Natur. Haben wir doch auch in unserem deutschen Vater-
lande nur allzuoft Veranlassung, uns zu beklagen über die Kurzsichtigkeit,
mit welcher — namentlich auf den Gebieten des Verkehrs und der ge-
werblichen Gesetzgebung — die sogen. „massgebenden Stellen“ im angeblichen
Interesse des sogenannten Gemeinwohls in Wirklichkeit gegen das — rich-
tig verstandene — Gemeinwohl handeln, und muss doch gerade bei uns in
Deutschland die zünftige Bureaukratie als die schwere Fessel am Fusse
bezeichnet werden, welche unser Volk daran hindert, andere Völker schneller
zu erreichen und zu überflügeln!
Wenn wir schon bei der Wertung des offiziellen Bureaukratentums die
Feinheit bewundern mussten, mit welcher Ibsen den Begriff des richtig
verstandenen Öffentlichen Wohls von demjenigen des fälschlich dafür
ausgegebenen abzugrenzen weiss, so haben wir bei seiner wahrhaft ver-
nichtenden Kritik der Parteiwirtschaft im vierten Akt verstärkten
Anlass, uns zu freuen, dass ein starker und freier Geist einen Krebsschaden
unseres heutigen Staats- und Gesellschaftslebens mit grellen Lichtern an
den Pranger zu stellen verstanden hat. Genauebensowenig, wie
derBeamte gegenüber seinem Vorgesetzten nach den
Worten des Bürgermeisters nicht das Recht in An-
spruch nehmen darf, eine separate Ueberzeugung zu
hegen, genau ebensowenig darf das Parteimitglied
seinen Parteihäuptlingen gegenüber selbständig denken
undhandeln! Als der Badearzt die Volksversammlung berufen hat,
um bezüglich der Wasserleitung und Badeanstalt gegenüber dem offiziellen
Communique des Bürgermeisters den wahren Sachverhalt der Allgemeinheit
bekannt zu geben, und als sich die ersten Versammlungsteilnehmer ver-
sammeln, antwortet der zweite Handwerker auf die Frage des ersten Hand-
werkers: „Na, sagen Sie mal, mit wem soll mans nun in dieser Sache
halten?“ mit den bemerkenswerten Worten: „Richten Sie sich nur nach
dem Buchdruckereibesitzer Aslaksen und tun Sie, was der tut; das tu