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welcher Sonderbestimmungen für gemeinsame Wasserstrassen
gibt. Der Artikel I ändert nichts an dem durch Artikel 54
geschaffenen Rechtszustande der Gleichbehandlung von privativen
und gemeinsamen Wasserstrassen. Der Entwurf wäre allerdings
sehr mangelhaft, wenn er eine solche Aenderung beabsichtigt
hätte, ohne sie in der Begründung zu erwähnen. Die Nicht-
erwähnung der Aufrechterhaltung des geltenden Rechtes beruht
auf dem Umstande, dass ein Missverständnis, wie das jetzt her-
vorgetretene, für ganz unwahrscheinlich gehalten oder überhaupt
nicht erwogen wurde.
Wenn LABAND ferner annimmt, die Abgabenerhebung auf
solchen Wasserstrassen sei „der Kontrolle des Bundesrats ent-
zogen“, so geht er auch hierin fehl. Der Bundesrat übt diese
Kontrolle auf Grund des Artikel 7 der Verfassung, welcher
ihm die Aufgabe zuweist, die Ausführung aller Reichsgesetze zu
überwachen. Aber auch wenn LABAND Recht hätte mit seiner
Behauptung, der Entwurf habe die Verhältnisse der privativen
Wasserstrassen in Bezug auf die „Festsetzung der Tarife und
die Verwendung der Abgaben“ nicht geregelt, so wäre immer
noch seine Schlussfolgerung fehlsam, dass die Einzelstaaten im
Falle der Verabschiedung des Entwurfs „die Abgaben nach
ihrem Belieben verwenden könnten, ohne an die Genehmigung
des Landtages gebunden zu sein“. Denn in solchem Falle wäre
die Frage der parlamentarischen Kontrolle nach Landesstaats-
recht zu beurteilen. Ob esin Deutschland ein Landesstaatsrecht
gibt, welche der Regierung die von LABAND unterstellte Kon-
trollfreiheit gewährt, ist zu bezweifeln. Für Preussen ist die
Kontrolle im Rahmen des Budgetrechtes vorhanden; sie wird
auch tatsächlich gehandhabt, wie aus den Verhandlungen des
preussischen Landtages hervorgeht.
LABAND sieht also zu schwarz, wenn er annimmt, das
„Schweigen des Entwurfs“ über die Geltung des Gebührenprinzips
für die ausschliesslich preussischen Wasserstrassen — unter