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welchen er übrigens die weitaus wichstigste, die Oder, unerwähnt
gelassen hat — bedeute „die Befreiung der preussischen Re-
gierung von allen reichsrechtlichen und landesrechtlichen Be-
schränkungen und Kontrollen“. Der Entwurf ist in dieser
Beziehung keine „lex imperfecta“, ebensowenig wie Artikel 54 der
Verfassung, der auch in dieser Hinsicht lediglich aufrecht erhalten
werden soll.
Grossen Anstoss nimmt LABAND an der Entwurfsbestimmung,
wonach im Falle der Nichteinigung derjenigen Staaten, welche
an einem gemeinsamen Strome mit Hoheitsrechten beteiligt
aber nicht zu einem Zweckverbande vereinigt sind, über die
Festsetzung eines gemeinsamen Abgabentarifes der Bundesrat
zu entscheiden habe. Er hat gegen diese Zuständigkeit zwei
Bedenken.
Das eine richtet sich gegen den vermeintlichen Mangel eines
sachlichen Interesses der Staatengesamtheit an regionalen Tarif-
bestimmungen für einzelne Ströme oder Stromgebiete. Insbesondere
gelten ihm die Rheinstaaten als „unbeteiligt“ hinsichtlich der
Elbschiffahrt, ebenso wie die Elb- und Weserstaaten nach seiner
Meinung „unbeteiligt“ sind bei der Festsetzung der Schiffahrts-
abgaben im Rheingebiet. Hier liegt ein error in facto vor.
An der Schiffahrt eines Stromes, an ihrer Belastung mit Ab-
gaben und an ihrer Förderung durch die aus den Abgaben
zu bestreitenden Strombauten sind keineswegs nur diejenigen
Staaten beteiligt, welche — man kann in diesem Sinne sagen:
zufällig — Hoheitsrechte am Strombett haben. Die Verkehrs-
wirkung der Binnenschiffahrt geht weit über die Ufer der Ströme
hinaus; sie erstreckt sich auch auf Staaten, deren Gebiet von
keiner Wasserstrasse berührt oder durchschnitten wird, obwohl
sie mit der zunehmenden Entfernung von den Umschlagsplätzen
sich naturgemäss graduell verringert. Schaumburg-Lippe ist
nicht deshalb an der Weserschiffahrt uninteressiert, weil sein
Gebiet um einige Kilometer vom Strome entfernt bleibt. Lübeck