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Kriegszustand. Belagerungszustand. Stand-
recht.
Von
Oberkriegsgerichtsrat ENDRES, München.
Die Reichsverfassung enthält in Art. 68 das Recht des
Kaisers, wegen Bedrohung der öffentlichen Sicherheit im Bun-
desgebiete einen jeden Teil desselben in „Kriegszustand“ zu er-
klären. Bis zum Erlass eines die Voraussetzungen, die Verkün-
digungsform und die Wirkungen einer solchen Erklärung regelnden
Reichsgesetzes gelten dafür die Vorschriften des preussischen
Gesetzes vom 4. Juni 1851 (Ges.-S. f. 1851, S. 451 ff.). Diese
Bestimmung besitzt für alle deutschen Bundesstaaten die Geltung
eines Verfassungsgesetzes, mit Ausnahme Bayerns, dem durch
die Schlussbestimmung zum XI. Abschnitt der Reichsverfassung
und Artikel III, $ 5, Einleitung und Ziff. VI des Bündnisver-
trags vom 23. 11. 1870 eine Sonderstellung eingeräumt ist inso-
fern als Art. 68 der R.-Verf. auf Bayern keine Anwendung
findet und die Voraussetzungen, unter welchen wegen Bedrohung
der öffentlichen Sicherheit das Bundesgebiet oder ein Teil des-
selben durch den Bundesfeldherrn in Kriegszustand erklärt wer-
den kann, die Form der Verkündigung und die Wirkungen einer
solchen Erklärung durch ein Bundesgesetz geregelt werden sollen.
Für Bayern entfällt daher die Wirksamkeit des preuss. Gesetzes
vom 4..6. 1851 und besteht die bisherige Gesetzgebung weiterhin