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über Belagerungszustand bestehenden Bestimmungen ausländischer
Staaten vielleicht angemessen.
I. Oesterreich“.
In Oesterreich bilden die Bestimmungen über den Belage-
rungszustand einen Teil des Strafprozesses. Die Hauptgesichts-
punkte sind: möglichst schnelle Durchführung des Verfahrens
und Urteilsvollstreckung ohne Rechtsmittel. Der Belagerungs-
zustand kann angeordnet werden: bei Aufruhr, wenn die regel-
mässigen Mittel zur Unterdrückung nicht ausreichen, vom Lan-
deschef im Einvernehmen mit dem Präsidenten des Gerichtshofs
2. Instanz und dem Oberstaatsanwalt, bei Gefahr im Verzuge
von dem Vorsteher der politischen Bezirksbehörde im Einver-
nehmen mit dem Präsidenten des Gerichtshofs 1. Instanz und
dem Staatsanwalt ($ 429 StPO.); ferner bei Ueberhandnehmen
von Mord, Raub, Brandlegung und öffentlicher Gewalttätigkeit
durch boshafte Beschädigung fremden Eigentums in besonders
gefahrdrohender Weise (z. B. Eisenbahnbeschädigung) von dem
Minister des Innern im Einvernehmen mit dem Justizminister
($ 430 StPO... $ 431 enthält die Verkündigungsarten: Trom-
melschlag oder Trompetenschall, Mitteilung an Gemeindebehör-
den, Anschlag an öffentlichen Plätzen, Bekanntgabe durch Zei-
tungen, und, wenn angezeigt, durch Verkündigung von der Kanzel.
Zugleich erhält das Militärkommando Kenntnis. Die Verhand-
lung findet vor dem Gerichtshof 1. Instanz des Orts der Ver-
kündigung statt in Anwesenheit von 4 Richtern und eines
Protokollführers. Die Zuständigkeit erstreckt sich auf die dem
Standrechte unterstellten strafbaren Handlungen, sowie die Teil-
nahme an diesen ($8$ 434, 435 StPO.). Auch Militärpersonen
werden diesem Standgericht ausgeliefert ($ 438). Das Verfahren
4 SCHÖNBERG „Handb. d. polit. Oekonomie“ III? S. 306; MISCHLER U.
ULBRICH „Staatswörterbuch“ 1909 Bd. IV S, 465; ULBRICH „Oester, Staats-
recht“, S. 401, 485.