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zustand“ nicht. Dass er weder mit einer Kriegserklärung (Art. 11
RVerf.), noch mit der Anordnung der Kriegsbereitschaft (Art. 63
Abs. 4 RVerf.), noch mit dem Mobilmachungsbefehl identisch
ist, bedarf keiner Erörterung. $ 9 Ziff. 2 MStGB. enthält hin-
sichtlich der Geltung der Kriegsgesetze in Gebietsteilen den Aus-
druck „Kriegszustand“* und stellt ihn in Gegensatz zu dem in
Ziffer 1 erwähnten „mobilen Zustand“. Das MStGB. definiert
den Begriff „Kriegszustand“ für das Heer aber überhaupt nicht,
sondern nur für die Schiffe der Marine ($ 164 Abs. 1). Hier-
aus und weil das nach Art. 68 d. RVerf. einstweilen geltende
Gesetz v. 1851 nicht von „Kriegszustand“, sondern in seiner
Bezeichnung und seinem Texte nur von „Belagerungszustand“
spricht, ergibt sich, dass für den hier zu erörternden Ausnahme-
zustand der „Kriegszustand“ gleichbedeutend ist mit „Belage-
rungszustand“. Auch dieser Ausdruck ist jedoch unzutreffend,
da eine Belagerung in den seltensten Fällen vorliegt, besonders
nicht bei Verhängung des Ausnahmezustands auf Grund der
Störung der öffentlichen Ordnung durch Verübung gewisser
Verbrechen. 8& 1 des Gesetzes von 1851 sieht den Belagerungs-
zustand sogar in Kriegszeiten wegen Bedrohung des inländischen
Gebiets ohne Belagerung vor. — Dem Ausdrucke „Standrecht“
kann nur eine historische Bedeutung beigemessen werden im An-
klang an das Standrecht der mittelalterlichen Heere. Vielleicht
soll „Standrecht“ auch die Aburteilung stante pede, somit das
summarische Verfahren bezeichnen.
Bei der Wahl eines Titels des etwaigen neuen Reichsge-
setzes würde sich vielleicht die Bezeichnung „Ausnahmezustand“
empfehlen, da ein solches Gesetz unzweifelhaft einen Ausnahme-
zustand auf materiellrechtlichem und strafprozessualem Gebiete
gegenüber dem normalen Rechtszustande, wie er im Strafgesetz-
buche und der Strafprozessordnung enthalten ist, darstellen würde.
Allerdings müsste dann gleichzeitig der Ausdruck „Kriegszu-
stand“ in Art. 68 d. RVerf. durch „Ausnahmezustand“ ersetzt