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werden, ebenso entsprechend an allen anderen Gesetzesstellen,
die auf den „Kriegszustand“ in seiner Bedeutung als Ausnahme-
zustand Bezug nehmen.
Voraussetzung der Erklärung des Ausnahmezustands
wäre, wie bisher, Bedrohung oder Störung der öffentlichen Sicher-
heit und Ordnung im Bundesgebiete. Diese Bedrohung und Stö-
rung könnte militärischer Art sein (durch Kriegsereignisse) oder
strafrechtlicher Art (Verbrechen). Demgemäss wäre Art. 68 .d.
RVerf. in die erste Bestimmung des Gesetzes mit erweiterter
Form aufzunehmen, dass dem Kaiser in Kriegs- und Friedens-
zeiten das Recht zusteht, zu Verteidigungszwecken, sowie wegen
Bedrohung oder Störung der öffentlichen Sicherheit den Aus-
nahmezustand zu verhängen.
Mit Erlass des Reichsgesetzes würde Art. III 85 Ziff. VI
des Bundesvertrags v. 23. 11. 1870 gegenstandslos, da sich Bayern
die Beibehaltung seiner eigenen (esetzgebung über das Stand-
recht nur bis zum Erlasse eines diesen (segenstand behandeln-
den Reichsgesetzes vorbehielt, somit die Geltung des bayerischen
Landesgesetzes mit diesem Augenblicke erlischt. Eine andere, bei
Erlass eines Reichsgesetzes wohl ausdrücklich zu behandelnde Frage
wäre aber diejenige über die Zuständigkeit zur Verhängung
des Ausnahmezustands in Bayern. Die herrschende Meinung geht
dahin, dass die Verhängung des Ausnahme-(,„Kriegs“)-Zustandesin
Friedenszeiten auch bei Erlass eines künftigen Reichsgesetzes dem
König von Bayern belassen werden muss?, da das Recht der Er-
klärung des Kriegszustandes dem Kaiser als Bundesfeldherrn zu-
kommt und das bayerische Heer erst mit der Mobilmachung unter
kaiserlichen Oberbefehl tritt. Dieser Ansicht muss beigepflichtet
werden, so lange die Erklärung des Kriegszustands ein Recht des
Bundesfeldherrn ist. Man wird jedoch vielleicht nicht verkennen,
dass die Verhängung des Ausnahmezustands im Frieden in keinem
Zusammenhange mit der Stellung und den Pflichten eines Feld-
® SeYDEL „Bayer. Staatsrecht“ III S. 45 letzter Absatz.
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