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führten Beispielen, dass der Name „Reservatrecht“ an sich nichts
über Begriff und Umfang zu sagen vermag, da Reservatrecht,
Sonderrecht, Ausnahmerecht, Vorrecht zur Bezeichnung derselben
Gruppe von Rechten verwendet werden. Es wäre daher völlig
verfehlt, aus dem Namen „Reservatrecht“ irgendwelche Folge-
rungen abzuleiten!‘. Es wird sich empfehlen, diesen Aus-
druck zunächst nach Möglichkeit zu vermeiden, und im Gregen-
satz zu den Rechten, die allen gemeinsam sind, von besonderen
Rechten, und soweit es sich um die begrifflich zu bestimmenden
Rechte handelt, von besonderen Rechten ım technischen Sinne
zu sprechen. Haben wir erst einige Klarheit über ihr Wesen ge-
wonnen, so werden wir hiefür den Ausdruck „Reservatrechte“
einsetzen.
Unsere Untersuchung beschäftigt sich mit einer Gruppe be-
sonderer Rechte, die einzelnen Staaten im Verhältnis zur Ge-
samtheit zustehen. Es wird demnach unsere erste Aufgabe sein
müssen, uns über die Rechtsbeziehungen, die zwischen dem Reiche
und den Gliedstaaten bestehen, Klarheit zu verschaffen. Diese
ergeben sich mit Notwendigkeit aus der rechtlichen Natur des
Deutschen Reiches. Diese früher heftig umstrittene Frage ist
trotz vereinzelter gegenteiliger Anschauungen!’ endgültig dahin
entschieden, dass das Deutsche Reich als ein Bundesstaat anzu-
sehen ist!®. Viel bestrittener an sich ist die Frage nach der
Natur und dem Wesen des Bundesstaats, auf die sich wieder ein
weiteres Eingehen erübrigt. Jedenfalls wird, was für uns wichtig
———
16 Vgl. auch LaBanD I, 106, Anm. 8: es ist unzulässig, aus dem Aus-
druck „Reservatrecht“ Rechtsfolgerungen ableiten zu wollen.
17 So z. B. SEYDEL, Komm. Einl. IV S. 6; BLUNTscHLI, 1, 310.
18 So LABAND, StR. I, 83 ff., u. b. MARQUARDSEN, 18 ff.; ZoRN 1, 75 fl.;
HANneEL, Stud. I, 39 ff. u. StR. I, 805; ScHuLze $ 245; II, 4; BRıe, Staaten-
verbindungen 98; ANnSCHÜTZ bei HOLTZENDORFF-KOHLER II, 511; JELLI-
NEK, Staatslehre 704 ff.; MEYER, Staatsrecht 201 f.; v. KIRCHENHEIM 278;
E. RG. XLIV, 1903, S. 380; Trıeps, D. deutsche Reich und die deutschen
Bundesstaaten in ihren rechtlichen Beziehungen 101.