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ANSCHÜTZ ®° als von Mitgliedschaftsrechten im engeren und emi-
nenten Sinne sprechen.
Mit dieser Aufstellung sind die verschiedenen Möglichkeiten
der Rechte, die den Gliedstaaten in einem Bundesstaate diesem
gegenüber zustehen können, ihrem Wesen nach erschöpft. Sie
sind durchaus verschiedenartiger Natur. Wesentlich ist, dass
sie allen Bundesgliedern gemeinsam sind, dass sie für alle gleich-
mässige Geltung besitzen. Damit ist aber die Behauptung ge-
rechtfertigt, dass das allgemeine Prinzip der Rechtsbeziehungen
zwischen Reich und Gliedstaaten das der Gleichberechtigung
ist 2%, Das bedingt keineswegs, dass nun notwendigerweise eine
absolute Gleichheit hinsichtlich der Rechte der Gliedstaaten vor-
handen sein müsste, sondern nur die allgemeinen Rechtsregeln
sind dieselben. Vielmehr bedingt die Verschiedenheit der Macht-
verhältnisse unter den Gliedstaaten auch eine Verschiedenheit
der faktischen Ansprüche, wird doch hierdurch gerade ein Aus-
gleich in der Stellung zum Reiche herbeigeführt. Der Grundsatz,
dass dieselben Rechtsregeln auf alle Mitglieder Anwendung finden,
ist auch in der Reichsverfassung durchgeführt. Zwar hat sie
ihn nirgends zum Ausdruck gebracht, aber die Art. 58 Abs. 1
und 70 sind jedenfalls dazu angetan, diese Auffassung zu stützen.
Es wäre auch an sich ein Unding anzunehmen, dass in einem
Bundesstaat ein Staat grundsätzlich besser oder schlechter
behandelt werden sollte als ein anderer. Es würde das dem
Wesen des Bundesstaats direkt zuwiderlaufen. Wohl aber
kann das Reich zugunsten einzelner Staaten Durchbrechungen
der Regel der Gleichberechtigung eintreten lassen, indem es sie
mit besonderen Begünstigungen ausstattet.
2.2.0. II, 5%.
40 Übenso LABAnD I, 105; LOENING, Ann. 1875, 352, TrıErs a. a. O.
127. SEYDEL a. 78, V, 11, S. 422; Proxss'r 260; RIEDEL, D. Reichsverfas-
sungsurkunde 87, REıncKke, Zorns Abhandlungen II, 1, 26, ZoRN I, 115,
dagegen als Prinzip: AnscHürz II, 520 ; BRIE, StV. 82; JELLINEK, StV.
302; Häneu I, 806; Meyer 591, $ 164 Anm. 10.