Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

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Von dieser Möglichkeit ist in der schweizerischen und ameri- 
kanischen Bundesverfassung so gut wie kein Gebrauch gemacht, 
dagegen treten uns im Deutschen Reiche zahlreiche Abweichungen 
dieser Art entgegen. Ihr Ursprung ist durchaus verschiedener 
Natur. Es entspricht dem Wesen der Verfassungsurkunde als 
des grundlegenden Gesetzes für die Rechtsbeziehungen zwischen 
Reich und Einzelstaaten, dass sie auch in erster Linie die Be- 
günstigungen einzelner Staaten festsetzt. Daher ist sie auch die 
hauptsächlichste Quelle für die besonderen Rechte. Aber es ist 
offenbar, dass das Reich ganz allgemein eine Begünstigung eines 
Gliedstaates auch auf andere Weise bewirken kann als durch 
eine ausdrückliche Bestimmung in der Verfassung*!. Allerdings 
nur in dem Masse, als sie sich nicht gegen gemeingültige Ver- 
fassungsvorschriften richtet. Denn alles, was sich auf diese 
bezieht, kann natürlich nur verfassungsrechtlich festgestellt 
werden °. Inwiefern durch diese Begünstigungen besondere Rechte 
im technischen Sinne begründet werden, ist eine Frage, die uns 
später zu beschäftigen hat. Das aber ist nicht zu bezweifeln, 
dass durch sie eine Abweichung von sonst gültigen Rechtsregeln, 
eine besondere Stellung des Gliedstaates anderen gegenüber ge- 
schaffen werden kann. Für die Begründung besonderer Rechte 
können also ganz allgemein alle rechtsbegründenden Akte in 
Betracht kommen. Als solche sind neben der Verfassung zu 
nennen Vertrag zwischen Reich und Gliedstaat, Gesetz, Ver- 
ordnung *? und in letzter Linie auch Gewohnheitsrecht*. Wir 
lassen, um es nochmals ausdrücklich zu betonen, vorläufig die 
Frage gänzlich offen, inwieweit die so begründeten, unten im 
einzelnen aufgeführten Abweichungen sich als besondere Rechte 
41 Vgl. z. B. AnscHützz, Il, 520, ZoRN bei HoLTZENDORFF, Rechtslexi- 
kon III, 1, 451; v. RöNNE, Staatsrecht II, 1, 48. 
#2 Vgl. HÄner, StR. I, 811. 
#3 Vgl. LABAND, StR. I, 106 und Ann. 1874, 1507 ff., Ritter, Erlanger 
Diss. 1899, 34. 
# So noch KıTTeEn a. a. O. 28.
	        
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