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im technischen Sinne und inwieweit als verfassungsmässige Rechte
darstellen.
Betrachten wir die verschiedenen Kategorien der Rechts-
beziehungen der Gliedstaaten zum Gesamtstaat, so ergibt sich
von vornherein für die Einreihung der besonderen Rechte in
diese eine selbstverständliche Feststellung. Das ist die, dass es
besondere Rechte im passiven Status nicht geben kann, weil
überhaupt jeder Rechtsanspruch des Gliedstaates in ihm erloschen
ist. Erhält der Staat ein Recht, sich innerhalb eines sonst dem
Reiche ausschliesslich zustehenden Gebietes selbständig zu be-
tätigen, so tritt er aus dem status subiectionis in den status
libertatis, sein Wesen als Pflichtsubjekt ändert sich in das eines
Rechtssubjekts.. Er erhält dadurch einen Anspruch darauf, sich
innerhalb der ihm gewährten Rechtssphäre frei von Eingriffen
der Gesamtstaatsgewalt selbständig zu bewegen. Durch ein Aus-
nahmerecht innerhalb des negativen Status wird nur die Rechts-
sphäre des Gliedstaates erweitert, ohne dass sich die Natur des
rechtlichen Anspruchs gegen das Reich von Grund aus änderte.
Die besonderen Rechte innerhalb beider Klassen ergeben also
rechtlich dieselbe Wirkung. Als besondere, nicht allen Glied-
staaten gemeinsame Ansprüche auf ein Unterlassen von seiten
des Reichs sind nun anzusprechen:
I. 1. Das Recht Bayerns auf Befreiung von der Beauf-
sichtigung und Gesetzgebung des Reichs in bezug auf die
Bestimmungen über das Heimats- und Niederlassungswesen
34.7.1 RV. mit Einschluss der damit in Zusammenhang stehen-
den Bestimmung der Ziffer 1 Schlussprotokoll vom 23. Nov. 1870
über das Verehelichungswesen.
2. Die Bestimmung des a. 34 RV. über die Freihafenbezirke
Hamburgs und Bremens.
3. Die Bestimmungen des a.35 al.2 RV. über die Be-
steuerung des inländischen Branntweins und Bieres in Bayern,