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Inhalt zu verstehen: Einmal setzt sie voraus, dass jede in den
vertraglichen Auslieferungskatalog aufgenom-
mene Straftat ein Gegenüber in dem Katalog des anderen Staa-
tes haben und entsprechend von den beiden nationalen Straf-
gesetzen vorgesehen sein muss, in diesem Sinne also beider-
seits strafbar ist; und zweitens verlangt sie, dass im Einzelfall
jede Handlung, derentwegen die Auslieferung eines Ver-
brechers begehrt wird, sichin beiden Auslieferungslisten erwähnt fin-
den, und so auch in einem engeren Sinn beiderseitige Strafbar-
keit vorhanden sein muss. In dem zweiten erst erschöpft die
Klausel ihre Bedeutung. Die beiderseitige Strafbarkeit der
konkreten Tat, die zur Auslieferung Veranlassung geben soll,
kann offenbar nur dann gewahrt bleiben, wenn in dem Ver-
zeichnis der auslieferungspflichtigen Reate ausschliesslich solche
Delikte zu finden .sind, die beiderseits nationaler Bestrafung
unterliegen. So bedingen die beiden Bedeutungen der Klausel
einander, und es stände nichts im Wege, sie allein nach der
zweiten als der umfassendsten und damit wichtigeren zu um-
schreiben. Aber wennschon diese notwendig einschliesst, dass
der Vertragstext lediglich hüben und drüben strafbare Delikte
aufzählt, so nimmt doch die Beweisführung für die Geltung
der Klausel zweckmässig ihren Weg über den ersten Sinn;
nicht allein, weil er das Fundament für den zweiten bildet, son-
dern weil er die Tendenz des Gedankens der Klausel erkennen
lässt und schon eine starke Vermutung für ihren weitertragenden
Sinn schafft. Diese Klausel der beiderseitigen Strafbarkeit ist
Daseinsbedingung für die Reziprozität’®, Reziprozität ohne sie
wäre nicht zu denken, und deshalb ist sie auch wie jene in
den deutschen Verträgen geltendes Recht, wennschon nicht
ausnahmslos. Wo sich aber eine Ausnahme findet, da begegnet
man durchweg sogleich einer besonderen Begründung, die be-
5° Ebenso für das beigische Recht v. Marrırz, Rechtshilfe Bd. 2
S. 57.
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