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ab als verbindlich für alle Staaten anzusehen !!,
Nun erschien es wünschenswert, das in den verschiedenen
Urkunden verstreute Material in einer einheitlichen Redaktion zu
vereinigen, und so legte am 21. März 1871 Bismarck dem Reichs-
tage den „Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Verfassung des
Deutschen Reiches nebst Motiven, wie solcher vom Bundesrat
beschlossen worden war“ vor. Die kurzen Motive erklärten aus-
drücklich „die Zerstreuung der Grundlagen, auf welchen der
politische Zustand Deutschlands beruht“ !5? für einen Uebelstand,
und das umsomehr, als der Vertrag mit Bayern vom 23. No-
vember 1870 mehrere Bestimmungen der am 15. November ver-
einbarten Verfassung nur ungenau wiedergeben konnte. Aus-
drücklich war erklärt, dass die neue Redaktion Aenderungen des
bestehenden Verfassungsrechtes nicht beabsichtige!?®. Die Be-
stimmungen der Schlussprotokolle seien nicht in die Verfassungs-
urkunde aufgenommen, doch sei ihre fortdauernde Geltung durch
& 3 des Einführungsgesetzes gewährleistet!54,
Der Entwurf wurde in der am 16. April 1871 publizierten
Fassung angenommen. Damit war an die Stelle der mit Baden
und Hessen vereinbarten Verfassung des Deutschen Bundes und
der mit Bayern und Württemberg über den Beitritt zu dieser
Verfassung geschlossenen Verträge nach dem klaren Wortlaut
des $ 1 des Gesetzes vom 16. April 1871 die neupublizierte Ver-
fassung getreten !?®. Diese, aber auch nur diese enthielt somit
151 Vgl. Vertrag vom 15. XI. RGBl. 1870 S. 651, Vertrag vom 23. Xl.
RGBIl. 1871 S. 22 (Z. VI Abs. 1). Jedes Eingehen auf die bestrittene Frage
der Natur der Reichsgründung ist hier vermieden.
152 Vgl. BEZoLp, Materialien III. 866.
158 Abgesehen von den bei MEYER, StR. 186 f. erwähnten geringfügigen
Aenderungen.
154 BezoLn III, 866 £.
155 Gänzlich unabhängig von den Novemberverträgen, wie WiEsEa.a.0.4
behauptet, ist dies Gesetz wohl nicht. Allerdings ist formell kein Zusam-
menhang vorhanden, wohl aber materiell. So auch MEYER, StR. 187.