Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

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unter Abschnitt 15, Allgemeine Bestimmungen, als Absatz 2 des 
Art. 78, der in seinem ersten Absatz bestimmt: 
„Veränderungen der Verfassung erfolgen im Wege der Ge- 
setzgebung. Sie gelten als abgelehnt, wenn sie im Bundesrate 
14 Stimmen gegen sich haben.“ 
Die Frage ist hier die: Ist der zweite Absatz eine gänzlich 
unabhängige Bestimmung oder ist er in irgend einer Weise von 
der Vorschrift des ersten Absatzes abhängig? Nun gibt Abs. 1 
offenbar die allgemeine Vorschrift für Abänderungen der Reichs- 
verfassung, während Abs. 2 nur einen Spezialfall behandelt !#. 
Satz 2 des ersten Absatzes ıst bereits ein Ausnahmefall insofern, 
als er den gewöhnlichen Weg der Gesetzgebung durch ein be- 
sonders erschwerendes Erfordernis bindet. Eine weitergehende 
Erschwerung bringt der Abs. 2 mit der Zustimmung des berech- 
tigten Staates. Er stellt sich also dar als Ausnahme einer 
Ausnahme, als ganz singulärer Fall. Aus dieser Stellung folgt 
nach allgemeinen Interpretationsregeln, dass er durchaus eng 
auszulegen ist!16. Schon durch die Art der Einordnung der 
Bestimmung in der Reichsverfassung verbietet sich also ihre 
weitgehende Ausdehnung auf alle iura singulorum, wie sie von 
FRIESEN u. a. 16° versucht worden ist. 
Nunmehr haben wir zu untersuchen, was unter „Vorschriften 
der Reichsverfassung, durch welche bestimmte Rechte einzelner 
Bundesstaaten in deren Verhältnis zur Gesamtheit festgestellt 
sind“ zu verstehen ist. Die erste Frage, die hierbei zu ent- 
197 Vgl. HÄneL, Stud. I, 196, LABAnD, Ann. 1518, Anschaürz 1I, 522, 
ZORN I], 130, SEULEN, Rostocker Diss. 1902, 40. 
168 So z. B. HÄner, Stud. I 196, Scahuze I], 17, Brıe, StV. 106, TrıErS 
123, v. KIRCHENHEIM a. a. O. 284, RıTTEr a. a, O. 43. Doch ist der Satz, 
dass nur eine strikte Interpretation von Ausnahmerechtsgrundsätzen zuläs- 
sig ist, in letzter .Zeit nicht ganz unbestritten, vgl. u. a. Bınpıne, Hand- 
buch I 466 Anm. 1, BRÜTT, Die Kunst der Rechtsanwendung 80 ff. Hier 
bleibt er jedoch in Geltung, da die Bestimmung mit dem Geiste der RV. 
in Widerspruch steht und so der ratio iuris wie legis widerspricht. 
160 Vgl. oben S. 13 f.
	        
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