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die der um Auslieferung angegangene Staat bei der Prüfung,
ob ein Auslieferungsfall gegeben ist, walten lässt, erscheint als
ein deutlicher Ausdruck seiner mehr oder minder ernsten Auf-
fassung der Klausel. Das weit durchgeführte richterliche Ver-
fahren, wie man es in England und Amerika kennt, das mit
einem commitment for trial oder seinem Aequivalent enden
muss, soll es zur Auslieferung kommen, beweist, wie exakt beide
Länder bei der Prüfung der Frage verfahren, ob die Tat unter
anderen Umständen nach den heimischen Strafgesetzen bestraft
werden würde. In den Ländern mit administrativem Ausliefe-
rungsverfahren, wie im Deutschen Reich, ist die Prüfung recht
summarisch und damit die Möglichkeit einer laxeren Beurteilung
der Klausel gegeben. In dem Sinne, ihre Beobachtung zu
sichern, wirkt auch die Spezialität. Sie dient dazu, dem er-
suchten Lande die Feststellung vorzubehalten, ob die Tat auch
bei ihm unter Strafe gestellt ist; sie gibt die Gelegenheit, jede
Auslieferung auf solche Straffälle zu beschränken, bei denen die
Klausel beiderseitiger Strafbarkeit gewahrt erscheint. Siehe dazu
die interessanten Ausführungen in der Denkschrift zu dem
deutsch-niederländischen Vertrag von 1896 (Steno-
graphische Berichte über die Verhandlungen des deutschen
Reichstages, 9. Legislaturperiode, IV. Session 1895/97, Bd. 6
der Anlagen, Aktenstück Nr. 698) S. 3681. Das deutsche Reichs-
gericht hat sich wiederholt mit dem Prinzip der Spezialität be-
schäftigt; siehe METTGENBERG, Praxis des Reichsgerichts 8. 424
fg. Vergl. auch v. MARTITZ, Rechtshilfe Bd. 2 S. 50 fg.
Es bedarf keiner besonderen Ausführung, dass unter bei-
derseitiger Strafbarkeit, für den ersuchten Staat Strafbarkeit
zu verstehen ist, wenn die Tat im Bereiche seiner Strafgesetze
begangen wäre.
a) Die beiderseitige Strafbarkeit der im Auslieferungs-
katalog genannten Delikte.
21. Was man wollte, ergibt sich aus den Materialien