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man eine zweisprachige Aufstellung, den beteiligten Strafrechten
entsprechend, für erforderlich erachtete. Nicht, dass man sich
in allen Fällen der Bedeutung dieser Redaktionsweise bewusst
gewesen wäre. Dann hätte man nicht so manches Mal sich
deutscherseits mit einer Uebersetzung des französischen Originals
begnügen können. Aber Uebersetzung oder nicht — das ist
hier kaum wesentlich —, bedeutsam ist, dass man eine doppelte
Liste für unentbehrlich hielt. Schon in der Convention entre
Sa Majeste le roi de Prusse et Sa Majeste le roi des Bel-
ges, relativement & lextradition reciproque des malfaiteurs,
signee le 29 juillet 1836, in welcher übrigens der deutsche Text
keine Uebersetzung, sondern dem französischen gleichwertig ist,
obschon dieser auch in der amtlichen preussischen Publikation
vorangestellt wurde, finden sich die auslieferungsmässigen Delikte
in doppelter Folge aufgeführt”. Und das geschieht in den
späteren Auslieferungskonventionen mit wachsender Bestimmtheit
nach einer immer fester sich bildenden Tradition. In unseren
Reichsverträgen ist es längst selbstverständlich geworden; dar-
über wird kein Wort verloren. Wie man sie durchgängig doppel-
sprachig beurkundete, so entwarf man auch einen zwiefachen
Katalog. Selbst der Vertrag mit Italien von 1871 und der
mit Griechenland von 1907, die, wie erwähnt, in einfacher
französischer Redaktion ausgefertigt wurden, glauben ohne eine
deutsche Uebersetzung nicht auskommen zu können. Darin liegt
nicht nur das Bestreben, die Anwendung des fremdsprachlichen
Textes in der Praxis zu erleichtern — dies gewiss auch, aber
am letzten Ende kann die Praxis doch nicht umhin, auf das
französische Original zurückzugehen; darin soll vor allem der Nach-
weis liegen, welche Delikte der heimischen Strafgesetzgebung es
sind, die konventionell der Auslieferung Raum geben. Einzelne
Verträge wie der bayrisch-französische vom 29. Novem-
ber 1869 setzen geradezu jedem in dem Katalog aufgeführten
73 Preussische Gesetzszammlung 1836 8. 221.