Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

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abgesehen werden. Jedenfalls rechtfertigt die Haltung des deut- 
schen Reichsrechts die Behauptung, dass nach der heutigen Auf- 
fassung der Versuch eines der Auslieferungsverbrechen nur dann 
extraditionspflichtig ist, wenn seine doppelseitige Strafbarkeit fest- 
steht ”'. Es wäre auch jetzt möglich gewesen, in den Verträgen 
die Auslieferungsvereinbarung für den Versuch ohne besondere 
Bedingungen zu treffen, wie es für die Teilnahme regelmässig ge- 
schehen ist. Dann bliebe es Aufgabe der Auslegung zu ermitteln, 
ob für ihn auch die bei vollendeten Delikten herrschende Voraus- 
setzung beiderseitiger Strafbarkeit Geltung habe, und man würde 
aus Gründen der Parallelstellung der Fälle wohl zu demselben 
Ergebnis gekommen sein. Es ist aber zu begrüssen, dass unsere 
Verträge eine unzweideutige Bestimmung getroffen haben, um so 
mehr, als im internationalen Recht die Ausbildung einer festen 
Praxis langsam vor sich geht, und Unklarheiten wie eine an- 
steckende Krankheit von einem Vertrag auf den anderen überzu- 
gehen pflegen. Jedenfalls ist damit hier ein neues Argument für 
die These gewonnen, dass die Klausel doppelseitiger Straf barkeit 
allgemein Bedingung jeder Auslieferung ist. Denn wiederum er- 
gibt ihre Namhaftmachung bei einer gewissen Kategorie von 
  
  
?1 Im allgemeinen herrscht darüber, der klaren Fassung der Verträge 
zufolge, kein Streit. Siehe v. MaxrrıtTz, Rechtshilfe Bd. 2 S. 69 fg.; 
Kniıtsoaky 8. 661; Reıız S. 399; DeLius in der Zeitschrift für interna- 
tionales Privat- und Öffentliches Recht Bd. 5 S. 532 und Auslieferungsrecht 
3. 39: ferner BILLOT, der p. 131 bei der complicite das Recht des ersuchen- 
den Staates entscheiden lässt, jedoch von BEAUCHET p. 154 Widerspruch 
erfährt, der auch für den Versuch beiderseitige Strafbarkeit als Ausliefe- 
rungsbedingung annimmt. Ebenso TrAavaAaLuıa S. 447. — Nicht zugestimmt 
werden kann DELIUS, Auslieferungsrecht $. 39, der, ohne eine Begründung 
zu geben — dass schweizerische Entscheidungen für uns, von Reziprozi- 
tätsgründen abgesehen, nicht massgebend sind, liegt auf der Hand — die 
Begünstigung für eine Art der Teilnahme im Sinne der Verträge erklärt. 
Solange das deutsche Strafrecht die Begünstigung nicht als Teilnahme auf- 
fasst, und solange keine abweichenden Vereinbarungen ausdrücklich ge- 
troffen sind, solange ist die Begünstigung auch im deutsch-internationalen 
Recht keine Teilnahme.
	        
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