Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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zu dem gegenwärtig aktuellen Streit einnehmen würde, ob die 
bayerische Staatsregierung in der Lage ist, auszusprechen, daß 
die Fähigkeit zum Richteramt, welche nach $ 2 GVG. durch 
Ablegung zweier Prüfungen erworben wird, durch einen bestimmt 
gearteten Verzicht wieder verloren werden kann *. 
Daß die gesetzlich festgestellte Befähigung zum Rich- 
teramt ein subjektives öffentliches Recht im oben an- 
gedeuteten Sinn, d. h. ein Rechtsverhältnis begründet, ist 
ohne weiteres klar. Auch JELLINEK ist sich darüber nicht im 
Zweifel und er bezeichnet dieses Rechtsverhältnis — da es ja 
im modernen Staate kein Recht auf Beamtung im eigentlichen 
Sinne gibt — als passive Qualifikation. „Durch diese 
wird jemand nicht unmittelbar mit einem Anspruche an 
den Staat ausgerüstet, sondern ihm nur eine Fähigkeit bei- 
gelegt, kraft deren er mögliches Subjekt eines Anspruches wird. 
Zu dieser abstrakten Fähigkeit muß ein spezieller Erwerbungs- 
akt, des in ihr sich einwurzelnden Anspruches hinzukommen, um 
aktive Qualifikation hervorzurufen. Passive Qualitikationen 
sind ausschließlich Reflexe von Rechtssätzen, die in dieser Eigen- 
schaft zu keiner, wie immer gearteten Handlung berechtigen. 
Solcher Art sind die Wählbarkeit und die Aemterfähig- 
keit; aus ihnen allen erwächst nicht der geringste Anspruch, 
der eines rechtlichen Schutzes fähig wäre. Sie sind nicht in 
der individuellen Sphäre lokalisiert, sondern nur der Wider- 
*8 55 der bayerischen Verordnung vom 4. Juli 1899 in der Fassung 
vom 22. Oktober 1910 betreffend die Vorbedingungen für den Justiz- und 
Verwaltungsdienst (GVBl. S. 10038. JMBl. S. 773; WOERNER, Sammlung d. 
f. d. Rechtskandidaten in Bayern etc. geltenden Vorschriften S, 4ff.), über 
dessen Rechtswirksamkeit lebhaft gestritten wird. (Vgl. z. B. Rechtsprakti- 
kant Dr. EnGEL in der Augsburger Abendzeitung vom 23. Februar 1911 
Nr, 54, Rpr. Scuätz in den Monatsblättern des bayer. Rpr.-Verbands, 
Landgerichter. Dr. ScHuULTZ in der Zeitschr. für Rechtspflege in Bayern 
VII Jahrg. S. 158 und Rechtsanwalt Dr. E., SOHRAMM, Kempten in der 
Augsburger Abendzeitung vom 8. März 1911 Nr. 67 u. in den Bl. f. RA. 
1911, 76. J. S. 425.)
	        
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