Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 31 (31)

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genommenen Passagier zum Ersatz eines Schadens verpflichtet ist, sowie 
ob die Passagiere die Kosten tragen müssen, welche durch Rettungshand- 
lungen des Fahrzeugbesitzers oder seiner Gehilfen zu ihren Gunsten ent- 
standen sind. Den Ergebnissen MEYERs wird im wesentlichen beizupflichten 
sein. Am wertvollsten scheint mir der Teil der Arbeit, in dem MEyYEr das 
Schadensersatzrecht de lege ferenda behandelt. Er schlägt dort eine Re- 
gelung vor, die derjenigen entspricht, welche durch das Automobilgesetz 
für die Haftung aus Automobilschäden eingeführt worden ist. Seine Vor- 
schläge verdienen ernste Beachtung bei einer zukünftigen Kodifikation des 
Luftrechts. Wertvoll ist auch die umfassende Zusammenstellung der luft- 
rechtlichen Spezialliteratur auf S. ff. ErnstlIsay. 
BeweislastundBeweiswürdigung bei freiem richterli- 
chen Ermessen. Von Dr. jur. Walther Gautschi, Stadtschrei- 
ber in Aarau (557 S.). Zürich 1912. Verlag: Art. Institut Orell 
Füßli. 
Dieses Buch rechtfertigt den schönen Ruf der schweizerischen Juris- 
prudenz, daß sie es verstehe, ihre Werke bei aller theoretischen Vertie- 
fung den Bedürfnissen der Praxis restlos anzupassen. Es enthält eine un- 
erschöpfliche Fülle wertvollen Materials (über 1000 Gerichtsentscheidungen 
sind im Auszug wiedergegeben und besprochen), aber auch die systemati- 
schen Erörterungen sind sehr beachtenswert. Dem Zuge der Zeit folgend 
bemüht sich der Verfasser, unter möglichst vollständiger Ausschal- 
tung des Rechtsbegriffs als wissenschaftlichen Hilfsmittels zu den „Müttern“ 
allen Rechts, der Gerechtigkeit und der Zweckmäßigkeit hinabzusteigen. 
Aus ihnen leitet er unmittelbar seine Theorie ab. 
G. entwickelt zunächst; die herrschenden Beweistheorien, besonders die 
durch WEBER begründete, nach der — von Ausnahmen abgesehen: —, wer 
ein Recht geltend macht, die noch unbewiesenen Tatsachen beweisen muß, 
deren Wahrheit das Recht notwendig voraussetzt. In scharfsinniger Weise 
bekämpft er sie als der modernen Entwicklung des materiellen und Pro- 
zeßrechts nicht mehr entsprechend. Er stellt sodann die einzelnen „Zweck- 
momente“ auf, die im konkreten Fall für die Verteilung der Beweislast 
maßgebend sind: „Aequivalenzmoment“ (wer bei einem Rechtsge- 
schäft benachteiligt ist, z. B. beim Schenkungsgeschäft der Schenker, ist 
beweisfrei, wer den größeren Vorteil behauptet — der Beschenkte — ist 
beweispflichtig), das „Humanitätsmoment“ (wer seiner wirtschaft- 
lichen Lage wegen ein mögliches Unrecht schwerer trägt, ist beweisfrei. 
sein wirtschaftlich günstiger gestellter Gegner beweispflichtig), das „P o- 
testativmoment“ (wer seine Behauptung besser zu beweisen vermag, 
ist beweispflichtig, z. B. wer etwas Positives behauptet im Gegensatz zu 
dem, der eine negative Behauptung aufstellt, da diese in der Regel schwerer
	        
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