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OTTO MAYER sein ?°, der annimmt, ein Finanzgesetz enthalte über-
haupt keinen Befehl, sondern nur eine Festsetzung der Zahlungs-
pflicht des Untertanen. M.E. ist jedoch der Befehl schon in all-
gemeiner Form im Finanzgesetz enthalten; daß insbesondere bei
Steuern gewöhnlich noch ein Einzelbefehl hinzukommen muß, liegt
nicht im rechtlichen Wesen des Finanzgesetzes, sondern darin be-
gründet, daß die im allgemeinen komplizierte Ermittelung des
Einzelbetrages vom Gesetz nicht dem Untertanen, sondern der
Behörde zugemutet wird.
Wie schon hervorgehobeu wurde, sieht das Gesetz in zahl-
reichen Fällen von dem Erlaß eigener Befehle ab und überträgt
den Verwaltungsbehörden die Befugnis, sie an seiner Stelle zu
geben. Diese Uebertragung kann in größerem oder geringerem
Umfange erfolgen. Bald wird den Behörden eine Befehlsgewalt,
insbesondere auf polizeilichem Gebiete, übertragen, die nahezu un-
begrenzt ist; so überträgt das Els.-Lothr.-Franz. Gesetz dem Be-
zirkspräsidenten die Befugnis, Verordnungen zu treffen, welche
angehen „la salubrite, la sürete et la tranquillite publique* *. In
anderen Fällen ist das den Behörden zur Regelung übertragene
Gebiet kleiner; das Gesetz kann sogar nur so viel Raum lassen,
daß es der Behörde lediglich freisteht, einen Befehl, dessen Inhalt
bereits vom Gesetz festgelegt ist, zu erlassen oder nicht zu er-
lassen (so z. B. im Reichsviehseuchengesetz $ 17). Wie groß aber
auch immer der Umfang der gesetzlichen Ermächtigung sein mag,
und gleichviel, ob das Gesetz der Behörde nur anlıeimstellt, einen
Befehl zu erlassen, oder ob diese dazu verpflichtet ist, immer
muß der behördliche Befehl sich im Rahmen der gesetzlichen
Ermächtigung halten ”; tut er das nicht, so ist er nicht rechts-
gültig, und ein Zwang kann sich auf ihn nicht gründen.
% OrTTo MAYER 1. 386 fl.
21 Otto MAYER, Theorie des franz. Verwaltungsrechts 8. 57; BRUCK,
Els.-Lothr. Verwaltungsrecht II. S. 148/149.
22 Nosın S. 64 ff.