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nungspolizei, der Sittlichkeitspolizei und der Versammlungspolizei
das Aufführungsverbot der Jesus-Tetralogie, weil durch die Auf-
führung das religiöse Empfinden weiter Bevölkerungskreise schwer
verletzt werden würde, aufrecht erhält, ferner das Urteil vom
5. März 1913°° über die Nichtberechtigung der Gemeindeglieder,
Friedhofskapellen zu anderen als religiösen Feierlichkeiten zu be-
nützen.
Die bis jetzt vorliegenden Erkenntnisse des thüringischen
obersten Verwaltungsgerichtshofes liefern unstreitig einen glän-
zenden Beweis für die Fortbildung des materiellen Verwaltungs-
rechts und des Verwaltungsprozeßrechts durch die Rechtspre-
chung. Man wird ohne Uebertreibung behaupten dürfen, daß
die Judikatur des Thüringischen OVG. ein durchaus würdiges
Gegenstück zu derjenigen anderer oberster Verwaltungsgerichte,
insbesondere auch des preußischen OVG.. darstellt. Die Entschei-
dungen sind nicht von nur örtlich beschränktem Interesse, son-
dern verdienen namentlich nach der freieren, im besten Sinne
modernen Art und Weise der Rechtsprechung weit über die Grenzen
des thüringischen Landes hinaus Beachtung. Sie gewähren nicht
allein einen anziehenden Einblick in die in erfreulicher Entwick-
lung begriffene thüringische Verwaltungsrechtsprechung, sondern
bieten zugleich eine Fundgrube reizvoller verwaltungsrechtlicher.
Probleme und eine dankenswerte Förderung der leider immer noch
in den Kinderschuhen steckenden Wissenschaft des deutschen Ver-
waltungsrechts.
2 Bl. f. R. 144 fi.