Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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ordnungsverhältnis von Reichs- und Landesgesetzgebung. Diese 
kann in verschiedener Weise durchgeführt sein, etwa in der Weise, 
daß die Kompetenzhoheit ausschließlich einer von beiden zukommt, 
indem der Grundsatz ausdrücklich ausgesprochen ist, daß das 
Reichsrecht dem Landrecht oder umgekehrt das Landrecht dem 
Reichsrecht unter allen Umständen und ohne Rücksicht auf die 
zeitliche Priorität vorgehe. So ist das Verhältnis zwischen Reichs- 
und Landesgesetz im Bundesstaat des Deutschen Reiches. Die 
Landesgesetzgebung kann hier tatsächlich nur innerhalb jener 
Grenzen entfaltet werden, die durch die Beichsgesetzgebung sta- 
tuiert sind. Der Landesgesetzgeber ist dem Reichsgesetzgeber 
gegenüber in einem ganz analogen Verhältnis wie die Verord- 
nungsgewalt gegenüber der gesetzgebenden Gewalt im Einheits- 
staat. Spricht man dennoch von einer Verschiedenheit der norm- 
setzenden Autoritäten, so ist dies nur in einem materiellen Sinne 
richtig; für eine formaljuristische Betrachtung kommt ausschließ- 
lich die mit Kompetenzhoheit und Souveränität ausgestattete Ge- 
walt des Reiches als normsetzende Autorität in Betracht. Der 
Landesgesetzgeber ist im Verhältnis zum Reichsgesetzgeber ebenso 
wie die Verordnungs- im Verhältnis zur gesetzgebenden Gewalt 
nicht Autorität, sondern subordinierter Delegat. So muß sich das 
Verhältnis für die dogmatische (normative) Konstruktion 
darstellen. Nicht in Widerspruch dazu kann die Erkenntnis der 
historischen Realität geraten, sofern sie aufzeigt, daß die Reichs- 
staatsgewalt aus den Gliedstaatsgewalten entstanden ist. 
Das. Verhältnis zwischen Reichs- und Landesgesetz kann aber 
nicht bloß in der Weise zu einem Ueber- und Unterordnungs- 
verhältnis werden, daß der Grundsatz, Reichsrecht bricht Land- 
recht oder Landrecht bricht Reichsrecht, d. h. also der materielle 
Vorrang eines der beiden Normsysteme bedingungslos als Rechts- 
norm aufgestellt wird; Ueber- und Unterordnung kann bei Auf- 
rechterhaltung der vollen materiellen Parität beider Norm- 
arten bloß formalen Charakter annehmen und dies ist dann der
	        
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