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ordnungsverhältnis von Reichs- und Landesgesetzgebung. Diese
kann in verschiedener Weise durchgeführt sein, etwa in der Weise,
daß die Kompetenzhoheit ausschließlich einer von beiden zukommt,
indem der Grundsatz ausdrücklich ausgesprochen ist, daß das
Reichsrecht dem Landrecht oder umgekehrt das Landrecht dem
Reichsrecht unter allen Umständen und ohne Rücksicht auf die
zeitliche Priorität vorgehe. So ist das Verhältnis zwischen Reichs-
und Landesgesetz im Bundesstaat des Deutschen Reiches. Die
Landesgesetzgebung kann hier tatsächlich nur innerhalb jener
Grenzen entfaltet werden, die durch die Beichsgesetzgebung sta-
tuiert sind. Der Landesgesetzgeber ist dem Reichsgesetzgeber
gegenüber in einem ganz analogen Verhältnis wie die Verord-
nungsgewalt gegenüber der gesetzgebenden Gewalt im Einheits-
staat. Spricht man dennoch von einer Verschiedenheit der norm-
setzenden Autoritäten, so ist dies nur in einem materiellen Sinne
richtig; für eine formaljuristische Betrachtung kommt ausschließ-
lich die mit Kompetenzhoheit und Souveränität ausgestattete Ge-
walt des Reiches als normsetzende Autorität in Betracht. Der
Landesgesetzgeber ist im Verhältnis zum Reichsgesetzgeber ebenso
wie die Verordnungs- im Verhältnis zur gesetzgebenden Gewalt
nicht Autorität, sondern subordinierter Delegat. So muß sich das
Verhältnis für die dogmatische (normative) Konstruktion
darstellen. Nicht in Widerspruch dazu kann die Erkenntnis der
historischen Realität geraten, sofern sie aufzeigt, daß die Reichs-
staatsgewalt aus den Gliedstaatsgewalten entstanden ist.
Das. Verhältnis zwischen Reichs- und Landesgesetz kann aber
nicht bloß in der Weise zu einem Ueber- und Unterordnungs-
verhältnis werden, daß der Grundsatz, Reichsrecht bricht Land-
recht oder Landrecht bricht Reichsrecht, d. h. also der materielle
Vorrang eines der beiden Normsysteme bedingungslos als Rechts-
norm aufgestellt wird; Ueber- und Unterordnung kann bei Auf-
rechterhaltung der vollen materiellen Parität beider Norm-
arten bloß formalen Charakter annehmen und dies ist dann der