Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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doch erklärt, Gesetze nur in Verbindung mit Reichsrat oder Landtag 
geben zu wollen — schiene eine verfassungsmä Bige Kompetenz- 
änderung auf Grund des Oktoberdiplomes ebenso unmöglich, wie 
die Abänderung eines Gesetzes, das sich selbst als ewig und un- 
abänderlich bezeichnet. Es wäre denn, daß man sich entschließt, 
unter den den Landtagen zugewiesenen „allen übrigen Gegen- 
ständen: der Gesetzgebung“ auch die Kompetenzänderungen zu be- 
greifen. Die rechtlichen Konsequenzen dieser — logisch keines- 
wegs unmöglichen Interpretation — sind aber zweifellos night ın 
der Absicht der Männer gewesen, die das Oktoberdiplom geschaffen 
haben. Denn mit der Kompetenzhoheit und Souveränität des 
Landesgesetzgebers wäre das Reich in ebensoviele selbständige 
Staaten zerfallen, die kein Ober-Staat zusammengehalten hätte. 
Die Kompetenz des Reiches. das selbst ohne Kompetenzlioheit 
geblieben wäre. hätte jederzeit durch Landesgesetz vernichtet 
werden können. Die Tatsache, daß der an der Existenz eines 
Oberstaates interessierte Monarch die zu einem derartigen kompe- 
tenzändernden Gesetze erforderliche Sanktion nicht erteilt hätte, 
ist natürlich als ein juristisch gänzlich irrelevantes Faktum für 
die Beurteilung ohne Bedeutung. Eine vernünftigere Lösung aber, 
etwa aus der „Natur der Sache“ scheint tatsächlich nicht ge- 
geben. Denn da dem Reich allein die Kompetenzhoheit auf Grund 
des Oktoberdiploniss auf keinen Fall zugesprochen werden kann, 
bliebe höchstens die Möglichkeit, sie an beiden Legislativen als 
mit deren Wesen begrifflich gegeben zu konstatieren. Ganz ab- 
gesehen von der Unzulänglichkeit des Interpretationsmittels — ob 
das Oktoberdiplom wirklich zwei souveräne Legislativen schaffen 
wollte, ist ja gerade fraglich und nicht voraussetzbar! —- ist der 
Interpretationserfolg weit schlechter als der, bei welchem eine 
Aenderung der Grenze überhaupt nie möglich ist. Dies wird 
später auseinanderzusetzen sein. 
Wenn auch die ausschließliche Kompetenz-Kompetenz der 
Landesgesetzgebungen mangels einer ausdrücklichen Bestim-
	        
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