Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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mit Kompetenzhoheit begabt anzusehen, wenn ihr mit der Be- 
grenzung ihrer Kompetenz zugleich die Möglichkeit gegeben wurde, 
diese Kompetenzgrenze nur durch eigene Norm zu ändern, zu er- 
weitern oder einzuschränken. Es hat keinen Sinn mehr, sie als 
bloßen Delegat der Autorität anzusehen, durch die sie in Form 
Rechtens eingesetzt wurde, weil diese, formal zwar übergeordnet, 
materiell jede Existenz verloren hat. Daß das Februarpatent den 
Landesgesetzgeber in diesem Sinn mit Kompetenzhoheit ausgestattet 
hat, geht klar und deutlich aus dem $ 38 der Landesordnungen 
(Beilage II des Febr.-Pat.) hervor, wo die Abänderung der Landes- 
ordnung und damit auch deren Kompetenzbestimmungen von einem 
mit qualifizierter Majorität zustande gekommenen Landesge- 
setze abhängig gemacht wird. Der 8 38 spricht zwar ausdrück- 
lich nur von einer Aenderung der Landesordnung. Aber da die 
Kompetenzvorschriften den wichtigsten Inhalt der Landesordnung 
bilden, müßte — falls die Möglichkeit einer Kompetenzänderung 
durch Landesgesetz nicht beabsichtigt gewesen wäre — dies aus- 
drücklich bestimmt sein. In eben derselben Weise wie den Landes- 
gesetzgebungen hat aber das Februarpatent der Reichsgesetzgebung 
die Kompetenzhoheit eingeräumt. Der $ 14 des gleichfalls als Bei- 
lage (A) zum Februarpatent erschienenen Grundgesetzes über die 
Reichsvertretung, durch welches die Reichsgesetzgebung etabliert 
wurde, bestimmt, daß die Abänderung dieses Grundgesetzes und 
somit auch seines wichtigsten Bestandteiles, seiner die Kompetenz 
des Reichsrates abgrenzenden Bestimmungen, durch ein mit quali- 
fizierter Majorität zustande gekommenes Reichsgesetz zu erfolgen 
habe. Die durch das Februarpatent (in dessen Beilagen A und B) 
gezogene Grenze zwischen Reichs- und Landesgesetzgebungskompe- 
tenz hat somit mit Rücksicht auf die im Grundgesetz über die Reichs- 
vertretung wie in den Landesordnungen ausgesprochene Möglich- 
keit einer Abänderung nicht einen ewigen und unverrückbaren 
Charakter, sondern lediglich die Bedeutung, daß jedes diese Grenze 
überschreitende Gesetz einer qualifizierten Majorität, und zwar vom
	        
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