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mit Kompetenzhoheit begabt anzusehen, wenn ihr mit der Be-
grenzung ihrer Kompetenz zugleich die Möglichkeit gegeben wurde,
diese Kompetenzgrenze nur durch eigene Norm zu ändern, zu er-
weitern oder einzuschränken. Es hat keinen Sinn mehr, sie als
bloßen Delegat der Autorität anzusehen, durch die sie in Form
Rechtens eingesetzt wurde, weil diese, formal zwar übergeordnet,
materiell jede Existenz verloren hat. Daß das Februarpatent den
Landesgesetzgeber in diesem Sinn mit Kompetenzhoheit ausgestattet
hat, geht klar und deutlich aus dem $ 38 der Landesordnungen
(Beilage II des Febr.-Pat.) hervor, wo die Abänderung der Landes-
ordnung und damit auch deren Kompetenzbestimmungen von einem
mit qualifizierter Majorität zustande gekommenen Landesge-
setze abhängig gemacht wird. Der 8 38 spricht zwar ausdrück-
lich nur von einer Aenderung der Landesordnung. Aber da die
Kompetenzvorschriften den wichtigsten Inhalt der Landesordnung
bilden, müßte — falls die Möglichkeit einer Kompetenzänderung
durch Landesgesetz nicht beabsichtigt gewesen wäre — dies aus-
drücklich bestimmt sein. In eben derselben Weise wie den Landes-
gesetzgebungen hat aber das Februarpatent der Reichsgesetzgebung
die Kompetenzhoheit eingeräumt. Der $ 14 des gleichfalls als Bei-
lage (A) zum Februarpatent erschienenen Grundgesetzes über die
Reichsvertretung, durch welches die Reichsgesetzgebung etabliert
wurde, bestimmt, daß die Abänderung dieses Grundgesetzes und
somit auch seines wichtigsten Bestandteiles, seiner die Kompetenz
des Reichsrates abgrenzenden Bestimmungen, durch ein mit quali-
fizierter Majorität zustande gekommenes Reichsgesetz zu erfolgen
habe. Die durch das Februarpatent (in dessen Beilagen A und B)
gezogene Grenze zwischen Reichs- und Landesgesetzgebungskompe-
tenz hat somit mit Rücksicht auf die im Grundgesetz über die Reichs-
vertretung wie in den Landesordnungen ausgesprochene Möglich-
keit einer Abänderung nicht einen ewigen und unverrückbaren
Charakter, sondern lediglich die Bedeutung, daß jedes diese Grenze
überschreitende Gesetz einer qualifizierten Majorität, und zwar vom