Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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eine Aenderung der durch den absoluten Monarchen gezogenen 
Kompetenzgrenze nicht mehr durch ein einziges Gesetz möglich; 
denn weder war ein keichsgesetz imstande an der in der Landes- 
ordnung fixierten Kompetenz der Länder etwas zu ändern, noch 
konnte ein Landesgesetz die im Grundgesetz über die Reichsver- 
tretung geregelte Kompetenz des Reichstages berühren. Dieser 
Rechtslage aber war man sich offenbar nicht bewußt, als man 
im Jahre 1867 daranging, die 1861 durch den absoluten Monar- 
chen gezogene Kompetenzgrenze zwischen Reichs- und Landes- 
gesetzgeber nunmehr auf konstitutionellem Wege zu ändern. Man 
begnügte sich nämlich, das Grundgesetz über die Reichsvertretung 
durch ein Reichsgesetz dahin abzuändern, daß man das 1861 be- 
obachtete Prinzip umkehrte und nunmehr die Kompetenz des 
Reichsrates durch eine taxative Aufzählung aller Gegenstände der 
Reichsgesetzgebung ausdrücklich unischrieb; alle übrigen der Reichs- 
gesetzgebung nicht ausdrücklich vorbehaltenen Gegenstände aber 
der Kompetenz der Landesgesetzgebung überwies. Obgleich da- 
mit eine wesentliche Aenderung in der Kompetenz der Länder 
verbunden war, hielt man es für überflüssig, die Landesordnungen 
zu revidieren. Diese blieben in ihren Kompetenzbestimmungen 
unverändert, und nachdem eine Abänderung der Landeskompetenz 
nach den auch weiter in Kraft bleibenden Landesordnungen nur 
durch Landesgesetz möglich war, mußte der durch das Reichsge- 
setz unternommene Versuch, die Kompetenz der Länder auszu- 
dehnen, vom Standpunkt der Landesverfassungen streng genommen 
wirkungslos bleiben. Dem Reichsrat blieb es zwar unbenommen, 
seine eigene Kompetenz nach Belieben auszudehnen oder einzu- 
schränken, da er auf Grund des Februarpatentes funktionierte, 
das ihn mit Kompetenzhoheit begabt hatte; allein auch dem Lan- 
desgesetzgeber stand nach wie vor die Kompetenzhoheit zu, da er sich 
dieser niemals begeben hatte. Die Annahme, daß durch das „Reichs- 
gesetz vom 21. Dezember 1867 Nr. 141 RGBl., wodurch das Grund- 
gesetz über die Reichsvertretung vom 26. Februar 1861 abgeändert
	        
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