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die beabsichtigte Grenzverschiebung zwischen
der Kompetenz des Reichsrates und jener der
Landtage durch übereinstimmende Normen der
Reichs- und derLandesgesetzgebung durchzufüh-
ren. Neben dem Reichsgesetze, durch welches das Grundgesetz
über die Reichsvertretung in seinen Kompetenzbestimmungen für
den Reichsrat abgeändert wurde, hätten inhaltlich entsprechende,
die Landesordnungen in ihren die Landeskompetenz bestimmenden
Vorschriften im gleichen Sinne abändernde Landesgesetze erlassen
werden müssen. Dann erst wäre eine einheitliche Regelung der
Kompetenzgrenze zwischen Reichs- und Landesgesetzgebung er-
folgt, die sowohl vom Standpunkt der Reichsverfassung als auch
vom Standpunkte der Landesverfassung gültig gewesen wäre. Und
hätte man in Hinkunft die einseitige Abänderung dieser Grenze
durch Reichs- oder Landesgesetz verhindern wollen, um die
Möglichkeit zu vermeiden, daß eine Kompetenzbestimmung vom
Standpunkt der Reichsverfassung gültig, vom Standpunkt der Lan-
desverfassung ungültig wäre, oder umgekehrt, dann hätte das die
neue Grenze ziebende Reichsgesetz seine Abänderung von der Be-
dingung abhängig machen müssen, daß auch analoge und komple-
mentäre Landesgesetze erlassen werden, und ebenso hätte in die
Landesgesetze, durch welche die Landesordnungen von 1861 bezüglich
“ der Landeskompetenz abgeändert worden wären, die Bestimmung auf-
genommen werden müssen, daß eine Abänderung ihrerseits nur bei
einer analogen Abänderung des korrespondierenden Reichsgesetzes
möglich sein solle. Da jedes Gesetz die Bedingungen seiner
Abänderbarkeit selbst bestimmen kann. ist diese Lösung rechts-
theoretisch unanfechtbar; sie ist überdies im Verhältnis der sog.
paktierten Gesetze praktisch realisiert, die auf dem Gebiet der
dualistischen Angelegenheiten in Oesterreich und Ungarn erlassen
werden. Diese Lösung bietet eben die einzige Möglichkeit im
Verhältnis zu zwei souveränen, mit Kompetenzhoheit begabten
Legislativen eine dauernde Gemeinsamkeit zu erzielen.