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Zweck der Sicherstellung des Abgeordneten vor jeder Willkür der
Administration, solange er Abgeordneter ist; da nun eine zeit-
weilige Entfernung von den Sitzungen den Verlust der Abgeord-
netenwürde nicht nach sich zieht, so kann durch sie auch ein
Reichsdumamitglied dieser Garantie nicht beraubt werden.
Es ist hierzu noch zu bemerken, daß Art. 15 beı einer an-
dern Interpretation jegliche Bedeutung verlöre: wäre ein Abge-
ordneter für die Zeitspanne zwischen den Sitzungsperioden durch
dieses Privileg nicht gedeckt, so ergäbe sich die Möglichkeit, ihn
auf administrativem Wege in die entlegenste Gegend zu ver-
schicken und ihn so de facto seines Mandates zu berauben. Und
gerade darauf, solchen Fällen vorzubeugen, ist das Augenmerk des
analysierten Artikels gerichtet.
Il.
Wenden wir uns der Analyse von Art. 16 zu.
Durch ihn wird in der Tat, wenn auch in äußerst beschränk-
ten Umfange, die sog. außerberufliche Immunität zum Gesetze
erhoben. Die Bestimmung des Art. 18 findet sich zuallererst im
geltenden Reichsdumastatut; als ihre Quelle wird wohl eine der
ausländischen Verfassungen anzusehen sein, welche speziell, läßt
sich bei dem Feblen jeglicher Daten über die Abfassung des neuen
Statutes nicht angeben. Jedenfalls stimmt seine Fassung fast
buchstäblich mit der der entsprechenden Bestimmungen der deut-
schen Verfassungen alten Musters (Bayern !?, Baden, Hessen usw.)
überein.
Um Sinn und Bedeutung von Art. 16 zu bestimmen, ist es
notwendig, vor allem seinen Zweck festzustellen. Art. 16 be-
zweckt, dem Abgeordneten Schutz zu bieten gegen jeglichen An-
griff auf seine Freiheit von seiten der richterlichen Gewalt, lato
sensu, d. h. nicht nur der Untersuchungsrichter, der Vertreter der
Staatsanwaltschaft usw., sondern auch der Organe der Polizei
1? Vor 1908.
Archiv des öffentlichen Rechts. XXXI. 1/2. 17