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Auf eine besonders harte Probe wird diese Uebersetzungskunst sich
immer gestellt sehen bei den aligemeinen Begriffen und Einteilungen.
Möglicherweise bietet da die französische Rechtssprache ein glattes, nicht
allzuscharf geprägtes Wort, dem in der deutschen so allgemein keines
entspricht; was man hier an die Stelle setzen möchte. hat eine bestimmtere
Bedeutung bekommen oder gar es ist ein Zankapfel für unsere Theoretiker
geworden. Diese Schwierigkeit zu überwinden ist auch hier nicht immer
ganz geglückt.
So erhalten wir Buch I Kap. IIF „Die Rechtsgeschäfte‘. Was ist das?
Eine „Willenserklärung“ zur Ausübung einer „gesetzlichen Befugnis“ (8. 15,
16). Unterarten sind: das „ein Gesetz schaffende Rechtsgeschäft“ (S. 17);
gemeint ist die Aufstellung von Rechtssätzen, auch Zivilrechtssätzen, in
Form eines Gesetzes, acte legislatif. Dazu kommt das Rechtsgeschäft, das
„eine persönliche Rechtsstellung schafft“ (S. 18), Verwaltungsakte und Vor-
träge umfassend; dann das sehr eigenartige „Bedingungs-Rechtsgeschäft“
— „die Bedingung der Anwendung eines gesetzlichen Status auf eine
Person darstellend“ (8.15, S. 22; JELLINEK scheint hier Einfluß geübt zu
haben); endlich das „richterliche Rechtsgeschäft“ (8. 25; acte juridietionnel,
das Urteil als Feststellung mit Wirkung der res judicata). — Es besteht
bei uns bekanntlich eine lebhafte Meinungsverschiedenheit, ob das Wort
„Rechtsgeschäft“ überhaupt in gewissen Grenzen auf öffentlichrechtliche
Dinge angewendet werden darf; in diesem Umfang gebraucht, erleichtert
es uns das Eingehen auf die Gedanken des Verfassers gewiß nicht. Ich
glaube, den unübersetzten „acte“ hätte man in Deutschland noch eher ver-
standen.
Mit der üblichen Bedeutung des Wortes „Verwaltungsverordnung‘“ stimmt
es auch nicht überein, wenn (S. 18) darunter eine erlassene Rechtsregel
verstanden wird, und noch weniger mit der des Wortes „Verfügung“, wenn
es (ebenda) den gleichen Inhalt bezeichnen soll („Ministerialverfügung“
— Aufstellung einer Rechtsregel durch den Minister kraft eines ihm zu-
stehenden Verordnungsrechts).
Den Soldaten würden wir niemals als „öffentlichen Beamten“ bezeich-
nen (8. 73 und Note 3).
Große Schwierigkeiten macht die Uebersetzung des Wortes service
public. Es wird hier wiedergegeben mit „öffentlicher Dienst“
(8. V, 8.41). Allein es soll bedeuten, „daß zur Befriedigung einer be-
stimmten Art von im allgemeinen Interesse liegenden Bedürfnissen eine
besondere Rechtseinrichtung besteht“. Dem entspricht eher unser Begriff
der öffentlichen Anstalt. So wird denn auch S. 94 die Verleihung eines
öffentlichen Eisenbahnunternehmens als „Konzessionierung eines öffentlichen
Dienstes“ bezeichnet. Wenn dabei hervorgehoben wird, daß „das Verfahren
des öffentlichen Dienstes“ ein „öffentlichrechtliches* sei, so ist dieser all-
gemeine service public ungefähr das, was wir die „öffentliche Ver-