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sich aber die Rücksicht auf die Gesundheitspflege auch bei vielen Zweigen
der Staatstätigkeit geltend, welche der Autonomie der Einzelstaaten über-
lassen sind, z.B. im Bauwesen, Bergwesen, Schulwesen usw.; eine allge-
meine Zuständigkeit des Reichs zur Gesetzgebung und Beaufsichtigung
von Maßregeln der Gesundheitspflege würde daher fast alle Verwaltungen
und Einrichtungen der Einzelstaaten unter diesem Gesichtspunkt der Ein-
wirkung der Reichsorgane unterwerfen.“
Wie im Medizinalwesen so ist auch in anderen Gebieten der Reichs-
zuständigkeit das Reich zur Verwaltungsgesetzgebung berufen, um das
partikulare gesonderte Verwaltungsrecht durch einheitliche Normen zum
Teil zu ergänzen, zum Teil zu ersetzen. Die Vollständigkeit des Systems
kann sich daher nur durch Zusammenstellung alles Reichs- und Landes-
verwaltungsrechts ergeben.
Auch das 13. vom Gerichtswesen des Reichs handelnde Kapitel
enthält in der neuen Auflage viele Ergänzungen und Neuerungen, wie sie
durch die neuere Justizgesetzgebung insb. durch die Novellen zur Zivil-
prozeßordnung seit 1901, die Ausdehnung der Sondergerichtsbarkeit und
Rechtshilfe, den Beitritt des Reichs zum intern. Vertrag über den Zivil-
prozeß vom 17. Juli 1905, die neue Rechtsanwaltsordnung vom 22. Mai 1910
u.a.m. veranlaßt waren. Zu beachten sind insbesondere die Zusätze, Strei-
chungen und Aenderungen auf S. 364, 376 f., 380, 383, 384, 387 f., 394, 411£.,
415, 423. L.s universelle juristische Stoffbeherrschung tritt in diesem Ge-
biete mindestens in gleicher fruchtbarer Stärke hervor wie in den verwal-
tungsrechtlichen Abschnitten und sein besonderes Verdienst um die staats-
rechtliche Beleuchtung der Einrichtungen der Rechtspflege und des Ver-
hältnisses von Reichsjustiz und Staatsjustiz ist auch in dieser neuen Auf-
lage wieder zur Geltung gelangt.
Es steht dem Verfasser, will er sein Werk vollenden, noch ein tüchtiges
Stück Arbeit bevor, indem der letzte, vierte, das Militär- und Finanzrecht
umfassende Band seit 1901 wohl in nicht geringerem Maße als die drei
vorliegenden Bände der Um- und Neubearbeitung bedürftig geworden ist.
Die ganze Welt der theoretischen und praktischen Juristen Deutschlands
sieht nach dem bisher vom Meister des Reichsstaatsrechtes Geleisteten auch
diesem Teile mit zuversichtlicher Erwartung entgegen; mag auch der Ver-
fasser vielleicht denken: „Ich habe sie verwöhnt, nun lassen sie mir keine
Ruhe — die Geister, die ich einst beschwor.“ Piloty.