Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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ratifiziert sind, schon nicht bedenkenfrei, so ist es noch bedenklicher bei 
den Normen der Londoner Seerechtsdeklaration, so weit es sich um die 
zahlreichen Kompromißbestimmungen handelt, die dort vereinbart worden 
sind. Sie waren vor der Londoner Konferenz kein Bestandteil des Völ- 
kerrechts, denn sie sind gerade dort er-t als Produkt der Versöhnung 
widerstreitender Interessen beschlossen worden, und sie gehören noch 
nicht dem Völkerrecht an, da die Londoner Deklaration noch keine Gül- 
tigkeit besitzt?. Hier wäre, scheint ınir, der richtige Weg doch der ge- 
wesen (wie auch sonst) das gelt ende Recht und alsdann die Kodifika- 
tionsbeschlüsse zur Darstellung zu bringen, wie es der Verfasser ganz rich- 
tig z. B. bei der Behandlung der Frage der Kriegserklärung (8. 356 ff.) 
gemacht hat. Soviel über die Anlage des Werkes. Was seinen Inhalt 
anlangt, so verdient besonders Hervorhebung. daß der Verfasser fast aus- 
nahmslos auf dem Boden der modernsten kontinentalen Forschung steht. 
Das tritt klar zutage in seiner Auffassung vom Wesen des Völkerrechts 
(8.1 f.), von der Völkerrechtssubjektivität (S. 92), von dem Wesen des Staats 
(93 f.). Die Zustimmung zu dem umstrittenen Begriff der Selbstbe- 
schränkung des Staates läßt HrrsHuey als Anhänger JELLINEKs erkennen. 
Wenn ich zum Schluß wenigstens noch in Kürze auf Einzelheiten hinwei- 
sen darf, so mag hervorgehoben werden, daß ich einerseits ein ausführ- 
licheres Eingehen auf die heute so überaus bedeutsamen Verwaltungs- 
gemeinschaften vermißt habe (sie werden auf einer Seite kaum gestreift), 
wie ich es andererseits mit Freuden begrüße, daß die schwierige und, wie 
H. selbst mit Recht hervorhebt. fast in allen Lehrbüchern mit Stillschwei- 
gen übergangene Frage der Stellung der Insurgenten auf S. 118—124 aus- 
führlich dargestellt wird. Und nicht ohne Interesse mag es sein, daß H. 
sich als Gegner der Theorie von der Luftfreiheit bekennt. Daß das treff- 
liche Buch nicht nur in den Kreisen der Lernenden, für die es bestimmt ist, 
sondern all derer, die in der Beschäftigung mit dem Völkerrecht ihre 
Lebens- oder ihre hauptsächliche Aufgabe erblicken, die beifällige Auf- 
nahme finden möge, die es verdient, ist mein Wunsch. 
Strupp. 
Heilborn, Grundbegriffe des Völkerrechts, erste Abteilung 
des I. Bandes von Handbuch des Völkerrechts. Unter Mitwirkung 
von Prof. DRES. v. DUNGERN, HoLp VON FFRNECK, FLEISCHMANN, 
HEILBORN, HUBER, KAUFMANN, KOHLER, LAMMASCH, Dr. SCHÖNBORN, 
Prof. ZITELMANN, ZORN, herausgegeben von Prof. Dr. STIER-SOMLO, 
Köln a. Rh., Berlin, Stuttgart, Leipzig 1912, 
In den Jahren 1885 bis 1889 erschien FRAN“ v. HOLTZENDORFFs Handbuch 
2 Davon, daß vielleicht die eine oder andere Bestimmung in den Krie- 
gen von 1911/13 zu einem Satze des Völkergewohnheitsrechts erhoben sein 
mag, darf hier abgesehen werden. 
Archiv des öffentlichen Rechts. XXXII. 1/2. 19
	        
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