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den Berührung des hanseatischen Staatslebens mit dem preußischen
Staatsleben mehr und mehr die dort herrschenden Grundanschau-
ungen auch in Hamburg und Lübeck Einfluß zu üben beginnen.
Ich glaube aber nicht, daß Anhaltspunkte dafür vorhanden sind,
zu meinen, daß die staatsrechtliche Natur des hamburgisch-lübi-
schen Ehrenamts und insbesondere auch des Senatorenamts schon
eine Veränderung erfahren hätte.
Von großem Interesse ist es, sich zu vergegenwärtigen, daß
die hamburgisch-lübische Entwicklung der Selbstverwaltung eine
nähere Verwandtschaft zu der Entwicklung der Selbstverwaltung
in England, als zu der Entwicklung der Selbstverwaltung in
Preußen und in den anderen deutschen Monarchien zu haben
scheint. Hwusco PREUSS sagt in dem Artikel „Ehrenamt“ im
Wörterbuch des deutschen Staats- und Verwaltungsrechts (2. Auf-
lage 1911) folgendes:
„Selfgovernment ist die charakteristische Struktur des ganzen
englischen Gemeinwesens im Gegensatz zum kontinentalen Obrig-
keitsstaat. Diese Struktur erscheint im national government
der Parlamentsverfassung wie im local government der Graf-
schaften, Städte und Distrikte, während wir an diese kommunale
Struktur bei dem Ausdruck Selbstverwaltung fast ausschließlich
denken. Und die Eigenart der englischen Entwicklung hat die
leitende Stellung im national wie im local selfgovernment ganz
überwiegend den Eihrenämtern erhalten. während daneben die
Berufsämter, freilich im wachsenden Umfange, als technische
Hilfsorgane erscheinen. Dies englische Verhältnis von Ehren-
und Berufsamt zeigt eine gewisse Aehnlichkeit mit dem tra-
ditionellen Verhältnis von Juristen und Technikern in unserer
Verwaltung. Dagegen hat die kontinentale, besonders die deut-
sche und ganz besonders die preußische Entwicklung vom Obrig-
keitsstaat her dem Berufsbeamtentum die leitende Stellung nicht
nur in der Staatsverwaltung erhalten, sondern sogar in der