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beiseite ?, so verdient doch hervorgehoben zu werden, daß er die wichtig-
sten Garantien des Völkerrechts einmal in dem Gemeinschafts- und Rechts-
gefühl und in der Kenntnis des Staates von der Beschränktheit seiner
Macht, die der anderen nicht entraten kann, weiter aber in dem derzei-
tigen Bestand des Völkerrechts selbst erblickt. Mit letzterer Feststellung
soll zum Ausdruck gelangen, daß die ungeheure Steigerung des inter-
nationalen Verkehrs zum Abschluß eines dichten Netzes von Verträgen ge-
führt hat, die den Staat derartig umstricken, daß er sich seine Existenz
ohne dieses Vertragsnetz nicht mehr vorstellen kann.
Das II. Kapitel des Werkes ist den Völkerrechtsquellen gewidmet, als
die er, der herrschenden Auffassung folgend, nur Vereinbarung und Gewohnheit
anerkennt. Dabei sind besonders interessant seine Ausführungen über die
Vereinbarung mit der zutreffenden Widerlegung der gegen die BINDING-
TRIEpPELsche Lehre gerichteten Ausführungen Erıch KAUFMaAnNs. Doch
lehnt HEILBORN, m. E. ohne zu überzeugen, die Herkunft der Vereinbarung
aus einem übergeordneten Willen ab.
Bei der bekannten Auffassung TrıEPELs, daß ein gemeines Völker-
recht nicht festzustellen sei, ist hervorzuheben, daß der Verfasser mit
Recht unter exemplifikativem Hinweis auf gewisse Teile des Vertrags-,
Gesandtschafts-, Schiffahrtsrechts, das Gegenteil feststellt und die Bedeu-
tung dieser Feststellung beim Eintritt neuer Staaten in den Völkerrechts-
verband betont.
Recht beachtenswert sind die Ausführungen über die Erkenntnis des
Völkerrechts, die durch Kenntnis seiner Quellen und Erschließung ihres
Inhalts durch Auslegung erlangt werden. Wenn er auch die Staatsgesetze
entsprechend der Vermutung, daß das Landesrecht völkerrechtsgemäß sei,
als wichtiges Hilfsmittel zur Erkenntnis, namentlich der Völkergewohnheits-
rechte bezeichnet, so ermahnt er doch mit Recht zur Vorsicht, da der
2 Gegenüber den gerade jetzt, nach den Greueln des Balkankrieges, in
Juristenkreisen täglich zu hörenden höhnischen Worten über die mangelnde
Kraft und über die Wertlosigkeit des Völkerrechts ist es zu begrüßen, wenn wir
bei HEILBORN lesen: „Zweifel an der Wirksamkeit des Völkerrechts entstehen
so leicht aus der Ueberschätzung einzelner Rechtsbrüche. Nur von ihnen spricht
man, nicht von den unzähligen Fällen der Pflichterfüllung. Im Privatrecht
ist es nicht anders. Bei der Publizität der Staatsverhältnisse werden die
Rechtsbrüche allgemeiner bekannt. Der aufmerksame Beobachter sieht
aber auch im Privatleben recht oft, wie der, welcher im Recht ist, der
Macht seines Gegners halber davon keinen Gebrauch machen kann; und
mit der Erlangung eines günstigen Urteils ist es auch nicht getan, wenn
nachher die Zwangsvollstreckung fruchtlos ausfällt. Die Staaten erfüllen
ihre Pflichten wohl nicht minder pünktlich und regelmäßig wie die Privat-
leute.“