290 Vertrag mit Baden und Hessen.
gierungen in Zukunft darüber entscheiden wird, ob wir eine definitive
Deutsche Bundesverfassung erhalten haben, die durch Reformen nach und
nach ausgebildet werden soll, oder ob wir vor der Gefahr stehen, daß diese
Verfassung benutzt werde als Zuflucht für den Partikularismus, um mit
den Hilfsmitteln der Verfassung gegen die Einheit zu wirken. (Hört!
Beifall.) Die Möglichkeit dazu ist allerdings gegeben, und wenn dieser
traurige Zustand eintreten sollte, so fürchte ich allerdings für die Nation,
daß sie noch nicht angekommen ist bei dem Ziele, welches sie so sehnsüchtig
erstrebt, bei dem Ziele wirklicher Einheit, sondern, daß sie auf demselben
Wege, den sie bisher gewandelt, wird fortwandeln müssen, um ihre defi-
nitive Verfassung zu erhalten. Aber ich kann mir auch einen andern Geist
denken, in welchem die Regierungen, so wie sie heute erkannt haben, daß
sie in ihrer Absonderung nicht mehr bestehen können, wirklich und ehrlich
allen Bedürfnissen der Nation Rechnung tragen wollen, daß die Regierungen
durchweg geneigt sind, gerade auf dem Wege der Verfassung nach und nach
die Bedürfnisse der Nation bis auf das letzte zu #befriedigen. Dazu soll
die gegenwärtige Verfassung die neue Bahn eröffnen. Frage ich mich nun,
ob es sich lohnt, diesen neuen Weg versuchsweise zu betreten, welcher uns
die Reform erschwert, bei einem guten und ehrlichen Willen der Regierungen
aber die Fortbildung der Verfassung möglich macht, — frage ich mich
nun, ob ich diesen Weg betreten will, so halte ich dafür, es ist nicht nur
unser Recht, sondern es ist auch unsere Pflicht den Versuch zu machen.
(Lebhafter Beifall rechts und im Centrum.) Es liegt nicht bloß bei uns,
daß wir unsere Kraftvermehrung anstreben, nicht bloß um unserer selbft
wollen wir den Versuch machen, sondern von allen Seiten dieses Hauses
sind wir immer gemahnt worden, daß wir diese Schuld abzuzahlen haben
an jeden Theil des deutschen Volkes der gemeinsam mit uns sein will.
Und nun versuchen wir, indem wir nach unserem besten Vermögen die
Entstellungen entfernen wollen, an denen die Verabredungen mit Baiern
leiden. — Andere wollen freilich auch hierauf nicht eingehen und sind ent-
schlossen, unter allen Umständen die Verträge anzunehmen — wir Alle
aber versuchen einen Weg anzubahnen, in welchem die wohlwollenden und
in gutem Glauben handelnden Regierungen im Stande sind, den Bundes-
staat zu schaffen, der nach und nach die Nation befriedigen soll. So sehr
ich nun in vielen Punkten eine Verbesser ung wünsche, so sehr ich sie
namentlich beidem baierischen Vertrage anstrebe, so möchte ich doch nicht
die Nation getäuscht sehen über das, was ihr gegenwärtig geboten wird;
ich wünsche nicht, daß dieses allerdings nicht volle Maaß von Einheit in
Rüstung wie in Gesetzgebung ihr ganz und gar verkümmert werde. Mit
allem Eifer und dem besten Wollen wünsche ich Alles zu entfernen, was
der Einheit sich entgegenstelltt wenn aber einmal die Mehrheit dieses
Hauses beschließen sollte, daß auf der Grundlage der vorgelegten Verträge
mit allen Mängeln diese bestimmte Art der nicht ganz erfüllten sondern