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messen die Behörde grundsatzmäßig verfügen, sich an ihre eigene Praxis
halten muß und gleiche Dinge nicht mit ungleichem Maß messen darf.
Es würde, so sagt z. B. der badische Verwaltungsgerichtshof in seiner Ent-
scheidung vom 12. November 1906 (Ztschr. f. bad. Verwaltung 1907 S. 210).
„gegen Treu und Glauben verstoßen“, wenn die Verwaltungsbehörde eine
bisher, vielleicht fälschlicherweise, als Realwirtschaft anerkannte Wirtschaft
plötzlich als gewöhnliche Wirtschaft behandeln wollte (dazu Gesetz, Ge-
setzesanwendung und Zweckmäßigkeitserwägung 1913 S. 326; dort S. 325
N. 13, S. 157 ff. weitere Angaben und Ausführungen). Auch hat der typi-
sche Richter SCHMITTs einen Vorläufer im „ordentlichen Verwaltungs-
beamten* Orrto MaykRs (Deutsches Verwaltungsrecht I 1895 S. 193).
Nochmals: Bei allen zu erhebenden Bedenken ist die Abhandlung
CARL SCHMITTsS ein vorzüglicher Beitrag zur Lehre von Verhältnis zwi-
schen Gesetzgebung und Justiz.
Kiel. a.0. Prof. Dr. Walter Jellinek.
Dr. Desider Märkus, Richter an der königl, ungar. Kurie, Ungarisches
Verwaltungsrecht. Tübingen, Verlag von J. C. B. Mohr
(Paul Siebeck) 1912. Band XVII und XVII des öffentlichen Rechts
der Gegenwart.
Das Ziel des Verfassers war, das Ausland mit dem ungarischen Ver-
waltungsrecht bekannt zu machen und er hat sein Ziel erreicht. Auf jeden
Fall ist es ihm gelungen zahlreiche im Auslande verbreitete irrtümliche
Meinungen sowohl über den heutigen Stand des ungarischen Verwaltungs-
rechtssystems, wie auch über Ungarns Verhältnis zu Oesterreich richtig-
zustellen. Jeder Ausländer kann sich auf Grund dieses Werkes davon über-
zeugen, daß das verwaltungsrechtliche System Ungarns auf geschichtlicher
Fintwicklung basierende Institutionen eines solchen Landes enthält, welches
die persönliche und korporative Freiheit eifersüchtig wahrt und das Prin-
zip der Selbstverwaltung mit dem Aufsichtsrecht und dem administrativen
Wirkungskreis der Zentralbehörde in Rinklang zu bringen trachtet. Er
kann sich aber auch davon überzeugen, daß Ungarn ein souveräner Staat
ist, daß zwischen Ungarn und Oesterreich nur in drei Angelegenheiten
eine auf Parität beruhende Gemeinsamkeit besteht, und zwar im Heer-
wesen, in der auswärtigen Vertretung und in dem auf dieselben bezüglichen
Finanzwesen. Auf anderen Gebieten des Staatslebens ist keinerlei Rechts-
gemeinschaft mit Oesterreich vorhanden.
Gleichzeitig bietet dieses Werk die vollkommenste praktische Orien-
tierung sowohl über die verwaltungsrechtliche Organisation, wie auch über
das materielle und formale Verwaltungsrecht. Ich kann mit gutem Ge-
wissen behaupten, daß dieses Werk nach mehreren Richtungen hin noch
inhaltsreicher ist, als die bisher in ungarischer Sprache erschienenen Werke
über Verwaltungsrecht, weil der Verf. nicht etwa eine schon vorhandene