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Verwaltungsrechtslehre übersetzt oder exzerpiert, sondern in einem selb-
ständigen Werke hauptsächlich die Erfordernisse des praktischen Lebens
vor Augen haltend, viele solche administrativen Fragen erörtert, welche
die das ungarische Verwaltungsrecht behandelnden übrigen Werke, viel-
leicht gerade im Interesse des wissenschaftlichen Systems eliminieren.
Der Autor, der einer der gründlichsten und eifrigsten Kommentatoren
der ungarischen Gesetzsammlungen war, wurde durch die auf dieses Werk
verwendete Arbeit zum gründlichsten Kenner der ungarischen Rechtsquel-
len. Er verfügt nicht nur über ganz hervorragende theoretische Kennt-
nisse, sondern hat als Richter auch das praktische Leben kennen gelernt.
Darum konnte er aus der Fülle des verwaltungsrechtlichen Materiales ge-
rade jene Fragen hervorholen, deren Kenntnis nicht nur für den Beamten,
sondern für jedermann nötig ist. Vielleicht ist das die Ursache, weshalb
er sich in seinem Werke weniger mit den doktrinären Grundzügen des
wissenschaftlichen Systems befaßt, vielmehr auf die leichtere Uebersicht-
lichkeit des positiven Rechtes Gewicht legt und auf jenes Gebiet des Ver-
waltungsrechtes besondere Aufmerksamkeit verwendet, welches die auslän-
dischen Handels- und Industrieinteressenten im Verkehr mit Ungarn be-
sonders benötigen. Um ein Beispiel hiefür anzuführen, sei erwähnt, daß
er vom gewohnten wissenschaftlichen System abweichend das Finanzrecht,
das ganze Steuer- und Zollsystem, die Monopole usw. im allgemeinen Teil
des Verwaltungsrechtes in ganz unproportioneller Ausführlichkeit be-
handelt.
Es ist keine leichte Aufgabe, den inneren Zusammenhang der aus der
historischen Entwicklung hervorgegangenen ungarischen Selbstverwaltung
mit der zentralen ministeriellen Verwaltung klar und verständlich darzu-
legen. Auch hier kann das Bestreben des Verfassers nur lobend hervor-
gehoben werden. Vielleicht wäre es von Nutzen gewesen, in systematische-
rem Zusammenhang nachzuweisen, wie bei uns, ob zwar die Komitatsbe-
amten nicht ernannt, sondern gewählt werden, die zentrale ministerielle
Verwaltung die Uebermacht über die einer wahren Autonomie entsprechende
Dezentralisation erlangen konnte. Vielleicht wäre auch der eigenartig
nationale Charakter einzelner unserer älteren und neueren Institutionen
stärker hervorzuheben gewesen. Unter unseren neueren legislatorischen
Werken hätte das Gesetz über die Kompetenzgerichtsbarkeit vom verfas-
sungsrechtlichen Standpunkte eine eingehendere Würdigung und einen
Vergleich mit den entsprechenden Institutionen des Auslandes verdient.
Für die ausländische Rechtswissenschaft wäre auch eine ausführlichere
Analyse des verfassungsrechtlichen Verteidigungsapparates vor dem Ver-
waltungsgericht erwünscht gewesen, welches gleichfalls nationales Gepräge
aufweist. Hier wurde dem Munizipal-Ausschuß gegen die die Munizipal-
Autonomie verletzenden Erlasse und Verfügungen der Ministerialgewalt