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manchen Einzelheiten stimme ich — das habe ich nicht verschwiegen —
mit den systematischen Auffassungen des Verf. nicht überein. Andere Leser
werden noch in weiteren Fragen sich nicht von ihm überzeugen lassen.
Jeder aber, der sich über die wichtigsten Probleme eines zweifellos heute
in sehr rascher Entwicklung stehenden Zweiges des Rechtslebens orientieren
will, wird einen zuverlässigen Führer finden in diesem Werke Wehbergs,
das die Autorität, die der Verf. schon vorher für die von ihm behandelten
Materien genoß, vollauf rechtfertigt. K, Wolzendorff.
Jellinek, Walter, Gesetz, Gesetzesanwendung und Zweck-
mäßigkeitserwägung. Zugleich ein System der Ungültigkeits-
gründe von Polizeiverordnungen und -verfügungen. Eine staats- und
verwaltungsrechtliche Untersuchung. Tübingen 1913. J. C.B. Mohr
(Paul Siebeck). XVI und 375 S. Mk. 12.—.
Der Gegensatz zwischen begriffslogischer und teleologischer Methode
hat seine Bedeutung wie für die praktische Rechtsanwendung so auch für
die theoretische Bearbeitung des Rechts. Da ist es nun eine charakteristi-
sche Erscheinung, daß, während die Lehre des bürgerlichen Rechts anfängt,
sich stark von der formalen Inversionsmethode der Begriffslogik zu ent-
fernen, um der teleologischen Rechtsbetrachtung den Vorzug zu geben, in
der Lehre des öffentlichen, und besonders neuerdings des Verwaltungsrechts
eine umgekehrte Richtung sich bemerkbar macht. Die Neuheit der ganzen
Disziplin und die Notwendigkeit, gedankliche Klarheit über die Grundlagen
zu schaffen, gibt dafür die Erklärung und bis zu einem gewissen Grade
auch die Rechtfertigung. Aber so sehr man diese Rechtfertigung auch an-
erkennen mag, so darf man darüber andererseits die Lehren aus der all-
gemeinen Entwicklung der Rechtswissenschaft, deren Produkt wir in dem
erwähnten Frontwechsel der Zivilrechtslehre vor Augen haben, nicht über-
sehen und nicht vergessen, daß sie uns die Erkenntnis aufdrängen, daß die
reine begriffslogische Methode keinen absoluten Wert beanspruchen kann.
Hat dies Werturteil schon Geltung für das bürgerliche Recht, das sich doch
zu einem wesentlichen Teil auf dem rein begriffslogisch konstruierten Sy-
stem des gemeinen Rechts aufbaut, so muß diese Geltung in verstärktem
Maße bestehen für die Materie des öffentlichen, besonders des Verwaltungs-
rechts, dessen Grundgedanke bisher stets in dem teleologischen Moment
des Ausgleichs zwischen öffentlichem und Einzelinteresse gesehen würde.
Erscheint mir demnach die ausschließliche Anwendung der begriffslogischen
Untersuchung auf Fragen des Staats- und Verwaltungsrechts an sich durch-
aus verfehlt, und deshalb auch die ganze Art begrifflicher Fragestellung,
wie sie dem Werke JFELLINEKs zugrunde liegt, an sich bedenklich,
so werden diese Bedenken doch im konkreten Falle vollständig zerstreut.
Das Werk stellt zwar eine reine begrifflich-systematische Untersuchung dar.
Aber einerseits soll diese nach einer einleitenden Bemerkung des Verf.
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