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gefaßt hat, macht sich im zweiten Teile des Werkes (3. Kap.), in dem er
seine allgemeinen Grundsätze auf das spezielle Gebiet des Polizeirechts
anwendet, keineswegs in einer das rein rechtliche Interesse mindernden
Weise geltend. Und darin zeigt sich m. E. das Fehlen eines zwingenden
Grundes, die beiden Teile zu einem einzigen Werke zusammenzufassen:
das „außerrechtliche“ Interesse, das der erste Teil bietet, wırd bei dem-
jenigen, für den es überhaupt besteht, durch den ersten Teil genügend be-
friedigt und bedarf für den, der überhaupt geneigt ist, sich mit solchen
Problemen zu befassen, keines erläuternden speziellen Teils; in der recht-
lichen Betrachtung des zweiten Teils aber führen die „außerrechtlichen*
Erwägungen des ersten Teils keineswegs zu solchen prinzipiellen Umwäl-
zungen in der Betrachtung der Rechtsmaterie, daß diese nicht schon in
sich verständlich wäre, wenn der, gewiß nicht ganz zu entbehrende, Zusam-
menhang mit dem allgemeinen Teile durch entsprechende Verweisungen
angedeutet wäre. Um nicht mißverstanden zu werden: ich sage das gerade
deshalb, weil mir persönlich beide Teile des Werkes, jedes in seiner Art,
wertvoll erscheinen. Aber sie werden nicht dem Interesse eines einheit-
lichen Leserkreises gerecht. Der erste Teil ist nicht nur für die allgemein-
wissenschaftliche Beurteilung wichtiger Probleme des Rechtslebens von
Bedeutung, sondern auch für jeden Juristen, der sich über den inneren
geistigen Gehalt seiner Tätigkeit klar werden will: er wäre vielleicht eine
ideale Grundlage für eine Vorlesung in einem Fortbildungskurs für bereits
in der Praxis stehende Juristen oder im letzten Semester des Rechtsstudiums,
wenn unsere Studienordnung und der Geist unserer Studentenschaft die
Möglichkeit dafür gäben. Der zweite Teil hingegen würde m.E. mit ge-
wissen Modifikationen ein wertvolles Lehrbuch des Polizeirechtssystems
geben.
Dieser zweite Teil behandelt (unter dem Titel „Freies Ermessen und
Ueberprüfbarkeit von Polizeiverordnungen und Polizeiverfügungen“) nach
einem einleitenden Teil (Polizeiverfügung und Polizeiverordnung, Arten
und Folgen ihrer Fehlerhaftigkeiten) in 8 Abschnitten die Formfehler und
Verfahrensmängel, Rechtswidrigkeit des Inhalts (Widerspruch und Macht-
überschreitung), Machtüberschreitung wegen Unzulässigkeit des Mittels, die
Grenzen der Polizeigewalt in Schädlichkeit und Uebermaß (Besonderheiten
der Polizeierlaubnis), die falsche Adresse, die von der Polizei sich selbst
gesetzten Schranken, Widerspruch des Inhalts mit den Tatsachen und end-
lich Ermessensfehler. Ein näheres Eingehen auf die Erörterungen des Verf.
im einzelnen muß ich mir — so reizvoll mir diese Aufgabe auch wäre —
hier leider versagen; der Reiz läge übrigens weniger in der durch Meinungs-
verschiedenheit gegebenen Anregung, als in der Freude der Uebereinstim-
mung. Nur wenige Punkte, die mir besonders wichtig erscheinen, glaube
ich hervorheben zu dürfen. Interessant sind die Auseinandersetzungen der
Bedeutung der „Notwendigkeit“ der Polizeiverordnungen und ihre Nach-