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Eingriff eines anderen — sei es der Obrigkeit, sei es sonst eines
Dritten — keinen Widerstand entgegenzusetzen. Die Duldungs-
pflicht wird daher verletzt durch Entgegenstehen eines Wider-
standes, und zwar ist es gleichgültig, ob der zur Duldung Ver-
pflichtete den Widerstand positiv entgegengesetzt, oder ob er unter-
lassen hat, einen schon bestehenden zu beseitigen; die Unterlas-
sungspflicht wird verletzt durch das erste Tun, das ihr widerspricht,
die Pflicht zum Tun durch das erste Unterlassen.
Die Art des direkten physischen Zwanges ergibt sich bei der
Duldungspflicht aus dem Wesen der Sache: sie besteht darin, daß
der entgegenstehende Widerstand mit Gewalt beseitigt wird, so
daß schließlich derjenige Zustand besteht, der gleich von Anfang
an hätte bestehen und die Tätigkeit der Obrigkeit ermöglichen
sollen. Man spricht allerdings auch von Zwang, um den zu dul-
denden Eingriff, in dem immer eine Verletzung eines Rechtsgutes
liegt, selbst zu bezeichnen. So spricht man sowohl dann von einem
Zwang zum Dulden, wenn die Polizei z. B. zum Zwecke der Des-
infektion ($ 19 des Gesetzes über die gemeingefährlichen Krankheiten)
in ein Haus eindringt und dazu etwa bei Widerstand die Türe
aufbricht, als auch insoweit, als sie sich der betreffenden Gegen-
stände bemächtigt; sie in eine Desinfektionsanstalt bringt, in den
Wohnräumen selbst desinfizierende Mittel anwendet usw. Der Un-
terschied ist der, daß Zwang in der ersten Bedeutung nur bei
Widerstand denkbar ist, während er in der zweiten Bedeutung
auch dann Anwendung findet, wenn der Untertan ein völlig ord-
nungsmäßiges Verhalten beobachtet. Eigentlicher Zwang zum
Dulden ist nur der Zwang zur Ueberwindung von Widerständen.
Dieser kann sich, abgesehen von der Beseitigung der von vorn-
herein entgegenstehenden Widerstände, auch noch während der
Vornahme der zu duldenden Handlung äußern; er besteht dann
darin, daß Angriffe, die der Verpflichtete immer noch gegen die
ruhige Vornahme der Handlung unternimmt, abgewehrt werden.