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Betreten der Straße (so wird man etwa dann verfahren, wenn
man weiß, daß der Geisteskranke im allgemeinen harmlos ist und
störende Anfälle nur selten hat). Hier bewegt sich dann der
Zwang in der Richtung der Erzwingung eines Unterlassens. Die
Polizei kann aber auch den Geisteskranken gewaltsam in einer
Irrenanstalt unterbringen (vgl. Els.-Lothr. Franz. Irrengesetz vom
30. Juni 18338 Art. 18). Hier bewegt sich der Zwang in
der Richtung der Herbeiführung eines unvertretbaren Tuns.
— Vollständig gilt das Gesagte allerdings nur für die erste
Art der oben $ 1 genannten Fälle des unmittelbaren Zwangs,
bei denen ein Befehl unmöglich oder zwecklos wäre. Dagegen
läßt sich bei der zweiten Gruppe, den Fällen, in denen deshalb
unmittelbar eingegriffen wird, weil nicht abgewartet werden kann,
ob der Adressat den Befehl ausführen wird oder nicht, die Rich-
tung des Zwangs schon eher bestimmen. Hier wird der unmittel-
bare Zwang den Weg einschlagen, den der Zwang nehmen würde,
wenn der Befehl erteilt und bei Ungehorsam zum gewöhnlichen
Zwangsverfahren geschritten werden könnte. —
Direkter Zwang zum Dulden, zum Unterlassen, wie auch zum
Tun kommt also im unmittelbaren Zwang vor; ja es wurde be-
reits darauf hingewiesen, daß der durch physischen Eingriff wir-
kende direkte Zwang das einzige Mittel des unmittelbaren Zwangs
ist ©®, Es fragt sich jedoch, ob beim unmittelbaren Zwang alle
Mittel zur Anwendung kommen können, die sich beim Zwangs-
verfahren finden, insbesondere ob beim unmittelbaren Zwang eine
eigentliche Ersatzvornahme — mit demselben rechtlichen Carakter
und denselben Folgen — existiert. Nun ist zwar klar, daß es
auch beim unmittelbaren Zwang Fälle gibt, in denen eine Hand-
lung ohne vorgängigen Befehl von der Polizei oder auf ihre Ver-
anlassung ausgeführt wird, die vorzunehmen eigentlich Sache
eines Untertanen wäre. Das kommt insbesondere dann vor, wenn
unmittelbar eingegriffen wird, weil die Zeit mangelte, vorher einen
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