Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

— 390 — 
Reichsgesetz und Landesgesetz nach Öster- 
reichischer Verfassung. 
Von 
Dr. Hans KELSEN, Privatdozent an der Universität in Wien. 
(Schluß.) 
$ 7. Identität oder Verschiedenheit der norm- 
setzenden Autorität ın Reich und Land. 
Daß die herrschende Lehre, sofern sie den Grundsatz der 
lex posterior im Verhältnis zwischen Reichs- und Landesgesetz an- 
wendet, sich nicht bewußt ist, daß nur die Identität von Reichs- 
und Landesgesetzgeber die Anwendung dieses rechtslogischen Prin- 
zipes rechtfertigt, wurde bereits eingangs hervorgehoben. Aus der 
Parität beider Normarten glaubt man vielmehr die Geltung 
der fraglichen Interpretationsregel ableiten zu können'®. Daß aus 
der Parität, aus der gleichen Geltungskraft zweier Normen 
nicht ihre gegenseitige Derogierbarkeit als logisches Interpre- 
tationsprinzip folgt, erhellt — wie früher bemerkt — schon dar- 
aus, daß dieses Prinzip nicht zwischen Normen verschiedener Sy- 
steme, etwa zwisehen deutschen und französıschen Rechtssätzen, 
oder zwischen Rechtsnormen und Moralnormen zur Anwendung 
kommen kann. Allein auch dort, wo keine Identität von Reichs- 
1% Vgl. z.B. SPIEGEL a. a.0. 8.419. JELLINEK a.a.0. 8. 36.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.