Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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verfassung nur durch ein Landesgesetz, d. h. nur durch einen vom 
Kaiser sanktionierten Landtagsbeschluß, oder in der Terminologie 
LABANDs, von einem Gesetzesbefehl des Kaisers abgeändert wer- 
den, dessen Inhalt durch den Landtag bestimmt wurde. Jedes 
andere Gesetz kann eine Aenderung der Landesordnung nicht her- 
beiführen, und ist, falls es eine Aenderung der Landesordnung 
beinhaltet, vom Standpunkt der Landesverfassung ungültig. So 
insbesondere ein Reichsgesetz, d. h. ein vom Kaiser sanktionierter 
Reichsratsbeschluß oder, wieder in der Terminologie LABANDs ge- 
sprochen, ein Gesetzesbefehl des Kaisers, dessen Inhalt nieht durch 
Landtagsbeschluß, sondern durch einen Beschluß des Reichsrates 
bestimmt wurde. Die Geltung der Regel lex posterior ist zwischen 
Reichs- und Landesgesetzen (jeder Konflikt zwischen Reichs- und 
Landesgesetz bedeutet einen Kompetenzeingriff der einen Legis- 
lative in die andere, beinhaltet also eine Aenderung der einen 
Verfassung durch die Legislative der anderen) von vornherein 
durch die Vorschrift der Landesverfassung ebenso wie durch die 
der Reichsverfassung ausgeschlossen! 
Was kann es noch für einen Sinn haben, nur den Monarchen 
als Gesetzgeber gelten zu lassen, wenn sein Gesetzesbefehl je nach 
der Individualität des den Inhalt des Gesetzesbefehles bestimmen- 
den Parlamentes verschiedenen Charakter hat? Kann von einer 
Identität des Gesetzgebers in Reich und Land gesprochen werden, 
wenn die unter Mitwirkung des Reichsrates erlassenen Gesetzes- 
befehle des Monarchen nach ausdrücklicher Vorschrift der Landes- 
verfassung nicht die Kraft haben, den unter Mitwirkung der Land- 
tage erlassenen Gesetzesbefehlen des Monarchen zu derogieren 
und umgekehrt? Zeigt sich nicht gerade hier deutlich, daß trotz 
der Gemeinsamkeit eines an der Reichs- und Landesgesetzgebung 
beteiligten Faktors dennoch Reichs- und Landesgesetzgeber eben 
wegen der Verschiedenheit der anderen Faktoren als verschiedene 
normsetzende Autoritäten zu gelten haben? Erkennt man die 
Sanktion des Monarchen und den Beschluß des Parlamentes als
	        
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