Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

— 398 — 
Entstehungsart nur dann ein einheitliches System bilden und 
auf einen einzigen Punkt bezogen werden, es kann nur dann 
eine Staatsperson, ein Staatswille als ihr Träger gedacht wer- 
den, wenn ein Widerspruch zwischen den Normen verschiedener 
Entstehungsart ausgeschlossen ist. Dies ist aber nur dann der 
Fall, wenn die eine Legislative der anderen untergeordnet ist, also 
tatsächlich wieder nur eine oberste normsetzende Autorität be- 
steht. Ob diese Subordination darin liegt, daß die Normen der 
einen denen der andern unter allen Umständen vorgehen (Reichs- 
und Landesgesetz im Bundesstaat, Gesetz und Verordnung im Ein- 
heitsstaat: Formelle und materielle Unterordnung oder Delegation) 
oder ob zwischen beiden die Regel lex posterior kraft positiver 
Anordnung einer der beiden Autoritäten gilt (bloß formale 
Delegation), ist gleichgültig. Jedenfalls kann nur unter diesen 
Voraussetzungen juristisch ein einheitliches Rechtssystem 
und daher eine einheitliche Rechtspersönlichkeit des Staates an- 
genommen werden. Gänzlich unzulässig ist es, innerhalb juri- 
stischer Erkenntnis mit dem Staat als apriori gegebener, so- 
zialer Tatsache zu rechnen. Denn ganz abgesehen davon, ob 
eine solche soziale Einheit überhaupt zu erweisen ist, hat 
sie juristisch keinen Rechnungswert; ich kann mit ihr juri- 
stisch ebensowenig operieren, wie mit der biologisch-physiologi- 
schen Einheit „Mensch“, dort wo die spezifisch juristische Einheit 
„Person“ in Frage ist, oder wie ich in der Musik mit Farben 
operieren kann. Darum kann die Einheit des aus den einzelnen 
Ländern zusammengesetzten österreichischen Staates innerhalb der 
juristischen Erkenntnis nicht als ein historisch-soziologisches Fak- 
tum vorausgesetzt und mit dieser Voraussetzung eine juristische 
Einheit, d. h. die Persönlichkeit dieses Staates angenommen werden, 
sondern es muß diese Einheit, wenn sie irgendeine juristisch 
relevante Bedeutung haben soll, aus der Einheit einer gegebenen 
Rechtsordnung abgeleitet werden. Ebenso kann mit der für die 
Wirklichkeitsbetrachtung unmittelbar gegebenen Einheit eines
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.