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lichen Bestimmungen zustandekommt, ist eben gar kein Gesetz,
denn es fehlt an den Erkenntnisgründen, die zu dem Ur-
teile führen, daß ein Gesetz vorliege. Die fraglichen Verfassungs-
bestimmungen setzen diese Erkenntnisgründe fest. Soferne die
Verfassung nicht ausdrücklich ein anderes bestimmt, muß
jede Verletzung der fraglichen Bestimmungen, nach den Prinzipien
der Rechtslogik Nichtigkeit des Scheingesetzes zur Folge
haben®®. Es wäre darum verfehlt, diese Bestimmungen als leges
imperfeetae anzusehen, d. h. als sanktionslose Normen, die Rechts-
pflichten statuieren wollen, ohne Unrechtsfolgen zu normieren.
Dabei sei hier von der Frage abgesehen, inwieweit die legislativen
Organe, das Parlament und der verfassungsmäßige unverantwort-
liche d. h. ja unverpflichtbarer Monarch überhaupt verpflichtungs-
fähig sind. Gerade dadurch, daß den dies Zustandekommen und
Abändern von Gesetzen betreffenden Bestimmungen keine Sank-
tion und auch sonst kein Zusatz angefügt ist, wird ihre recht-
liche Wirksamkeit garantiert: ihre Nichtbeobachtung hat Nich-
tigkeit zur Folge.
Wenn nun Art. 7 des Staatsgrundgesetzes über die richter-
liche Gewalt die Prüfung der Gültigkeit gehörig kundgemachter
Gesetze den Gerichten ausdrücklich entzieht, so hat dies nach
herrschender Auffassung die Bedeutung, daß zwar die gehörige
3° Dies haben schon die ältesten Theoretiker der Rechtsstaatsidee er-
kannt und vom politischen Standpunkte de lege ferenda jene gesetz-
liche Bestimmung, durch welche diese natürliche Konsequenz parallysiert
wird, die Entziehung des richterlichen Gesetzesprüfungsrechtes, perhorres-
ziert. So GNEIST, „Soll der Richter auch über die Frage zu befinden haben.
ob ein Gesetz verfassungsmäßig zustande gekommen?“ Berlin 1863: „Die
Nichtigkeit ist die der Würde und Autorität der gesetzgebenden Gewalt
entsprechende Konsequenz‘, und: „Wenn die gesetzgebende Gewalt allge-
meine dauernde Normen über die Promulgation ihrer eigenen Willens-
erklärung aufstellt, so sind dies absolute und höchste Sätze der
Rechtsordnung, bei denen die Nichtigkeit eines in contrarium actum
selbstverständlich ist.“ A.a.O. S.21. Ebenso MoHL, Staatsrecht,
Völkerrecht und Politik I. Bd. Tübingen 1860 S. 80 ft.